JC Stewart im Interview: „Ich bin nicht Lady Gaga“
Da kommt noch was – der irische Singer-Songwriter ist sich sicher, dass er gerade erst am Anfang einer noch richtig enormen Entwicklung steht. Warum er aber nicht darauf hinarbeitet, so wie Lady Gaga zu werden, erfahrt ihr hier im Interview.
JC Stewart hat zwar noch kein ganzes Album draußen, aber einen Namen konnte er sich alle Male schon machen. Seine Schwester nennt ihn nur noch „Professional Sadboy“ und mittlerweile wird er von immer mehr Leuten so genannt. Seine Songs „Have You Had Enough Wine?“ und „I Need You To Hate Me“ treffen den Zeitgeist. Andere Künstler*innen wollen, dass er für sie schreibt. Mit seinen Kumpel Lewis Capaldi arbeitete er zuletzt beispielsweise zusammen an dessen Track „Hollywood“.
Doch auch JC Stewart trifft die Corona-Krise hart. Weitere Support-Gigs, wie für LAUV und Vance Joy, sind gerade nicht drin. So sitzt er in seiner irischen Heimat, ganz ohne Publikum – aber dafür mit jeder Menge Ideen. Sein in der Quarantäne entstandenes Cover der „Friends“-Titelmelodie „I’ll Be There For You“ von The Rembrandts wurde sogleich zum viralen Erfolg, nachdem Jennifer Aniston den Clip auf ihrem Instagram-Kanal teilte. Und plötzlich sind alle Augen auf den Mann gerichtet, der eigentlich nur ein paar „wahrhaftige Songs“ schreiben wollte.
Grund genug, um bei JC Stewart nachzufragen, wie er eigentlich zur Musik kam, ob er mal abgesehen von Social Media sonst auch genügend Unterstützung erfährt und wie man sich so daran herantastet, ein „authentischer Musiker“ zu sein. Spoiler Alert: Das nächste sich ständig transformierende Chamäleon der Pop-Welt will er nicht werden.
Musikexpress: Warum ist Musik für dich so wichtig?
JC Stewart: Es ist das einzige, bei dem ich mich schon immer so richtig und komplett wohl gefühlt habe. Ich liebe daran diese Balance – dass ich zum einen dadurch raus aus meiner Komfortzone komme und völlig die Kontrolle verliere und zum anderen ganz bewusst und zufrieden in diesem Moment bin. Das fing schon sehr früh bei mir an. Eigentlich habe ich immer gesungen. Und als mich meine Mutter zu einem Songwriting-Kurs schickte als ich 15 war, ist das Ganze so richtig eskaliert.
Fühlst du dich genügend unterstützt?
Meine Eltern sind definitiv meine größte Unterstützung und immer für mich da. Sie standen immer zu hundert Prozent hinter mir und kamen zuletzt wirklich zu all meinen Shows – egal, wo auf der Welt ich gerade spielte. Sie sind im vergangenen Jahr sogar ganz überraschend für mich auch in Lissabon aufgetaucht und da hatten wir dann wirklich die beste Zeit zusammen.
Wie entscheidest du, ob du einen Song für dich oder für jemand anderen schreibst?
Das sind Bauchentscheidungen. Und die fallen mir nicht mal besonders schwer. Auf eine komische Weise entscheiden die Stücke das irgendwie für sich selbst.
Du hast gerade den Song „I Need You To Hate Me“ veröffentlicht. Ein lyrisch ganz schön hartes Stück.
Aber ich meine es gar nicht so hart, wie es sich anhört, ich schwöre! Es geht mir dabei um die Phase am Ende einer Beziehung, in der beide wissen, dass es nicht funktioniert, aber keiner einen richtig guten Grund hat, die andere Person zu verlassen oder sich schuldig zu fühlen. Es geht aber auch um die Dunkelheit, die diese Situation mit sich bringt. Dieses Gefühl, das einen dazu bringt, dass man sich wünscht, man würde sich einfach hassen – damit es leichter wäre, sich voneinander zu lösen.
Glaubst du wirklich, dass du das Leben deiner Ex-Freundin ruiniert hast, wie du es in „Have You Had Enough Wine?“ singst?
Nein, letztendlich glaube ich nicht, dass ich ihr Leben zerstört habe. Aber ich bin schon immer sehr besorgt darüber, ob ich einen negativen Einfluss auf das Leben eines anderen Menschen habe – gerade wenn wir uns lange so nahe standen. Zum Glück verstehen wir uns in dem Fall immer noch echt gut.
Was magst du eigentlich so sehr an „Friends“, dass du den Titeltrack unbedingt covern wolltest?
Das ist schon die beste Show aller Zeiten, oder? Und das Theme ist so eingängig, ich musste mich einfach daran versuchen.
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Benötigst du viel Geduld, um ein neues Stück auf den Weg zu bringen?
Ja, so ein neuer Song braucht definitiv immer seine Zeit. Im Moment stelle ich fest, dass ich mich den ganzen Tag bemühe, mir etwas auszudenken, dann irgendwann aufgebe und doch irgendwann wieder anfange – bis ich merke, dass es schon wieder super schnell 1 Uhr nachts ist und ich noch am Schreiben eines ganzen Songs bin. Meine Freundin ist – wenig überraschend – nicht sehr beeindruckt davon!
Wie kannst du sicherstellen, dass du authentisch bleibst, wie du es immer wieder gerne betonst?
Ich bin nicht Lady Gaga. Es fällt bei mir schnell auf, wenn ich nicht authentisch bin. Ich bin eben ein Typ aus Nordirland, der irgendwie Songs geschrieben hat, weil er etwas zu sagen hat. Ich werde niemals versuchen, jemand anderes zu sein. Das funktioniert gar nicht.
Marina Abramovic hat mal erklärt, Kunst müsse auch verstören können. Kannst du mit dieser Herangehensweise etwas anfangen?
Darauf arbeite ich momentan hin. Ich glaube nicht, dass ich dem Künstler, der ich sein könnte, schon sonderlich nahe bin. Für mich geht es darum, Grenzen in mir selbst zu durchbrechen, bevor ich sie für andere durchbreche. Und ich habe aktuell schon viel zu tun, um einige meiner inneren Mauern einzureißen. Ich komme dem aber jeden Tag etwas näher und hoffe, dass sich dieser Fortschritt auch in meiner Musik widerspiegelt.