Jay-Z & Kanye West
Auch wenn sie ihren Hit „Niggas In Paris“ in der Kölner Lanxess Arena „nur“ vier Mal spielen – J-Hova und Yeezy untermauern ihren Status als absolute Superstars des HipHop.
Der Moment kommt mit majestätischer Wucht, als zu den ersten Tönen von „H.A.M.“ die Scheinwerfer die Protagonisten des Abends anstrahlen. Nicht nebeneinander treten sie auf, sondern geschätzte fünfzig Meter voneinander entfernt: auf zwei quadratischen Bühnen, Kanye West ganz vorn im Zuschauerraum, Jay-Z weit hinten. Während das Publikum noch verblüfft hin und her blickt, legen die beiden stürmisch los, rappen sich gegenseitig an und stellen klar, wer sie sind und was: „Hard As A Motherfucker“ – „H.A.M.“ eben. Die Quadrate fahren langsam empor und entpuppen sich als gigantische Videowürfel, übergroße Haie und Kampfhunde flackern auf und obendrauf, da thronen sie, der J-Hova und der Yeezy und legen „Who Gon Stop Me“ nach. Laserstrahlen schießen durch die Halle, der Sound ist laut und hart (und etwas dumpf, doch das ist er hier oft). Bei „Otis“ stehen sie zum ersten Mal nebeneinander, eine riesige US-Flagge im Hintergrund, links und rechts schießt Feuer aus dem Boden. Zu „Welcome To The Jungle“ reißt danach ein Rudel Geparden auf der Leinwand eine Antilope. Fressen und gefressen werden, so ist das im HipHop. Und weil sich Jay-Z und Kanye nicht haben fressen lassen, stehen sie jetzt hier und treten 16 000 Ärsche. Schwer vorstellbar, dass ein Publikum in dieser Halle schon mal lauter war.
Natürlich ist das hier eine Show und diese ist von vorne bis hinten inszeniert. Die Setlist der „Watch The Throne“-Tour ist immer gleich und steht längst auf Wikipedia. Kanye und Jay-Z sind allein auf der Bühne, in Schwarz gekleidet, selbst die schweren Goldketten sind von schlichter Natur. Die Botschaft ist klar: Die beiden größten Nummern im zeitgenössischen HipHop brauchen nichts und niemanden um sich herum. Das alte Fünf-Sterne-deluxe-Zitat drängt sich zwar auf: „Haha, ganz lustig, was ihr da macht, aber ihr wirkt auf mich wie ausgedacht.“ Aber nichts da. So durchgeplant dieses Konzert auch sein mag, hier stehen zwei Typen, die gleichermaßen unangefochten wie absolut authentisch sind. Die hier mit Leidenschaft, Präzision und Coolness ein Album performen, das zum Besten zählt, was HipHop in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Und erst das Solo-Material! In schnellen Wechseln hauen die zwei die Hits ihrer langen Karrieren raus, es bleibt wirklich kaum Zeit zum Atmen. Eine Auswahl: „Jesus Walks“, „Gold Digger“, „Monster“, „Stronger“, „Flashing Lights“, „Touch The Sky“, „Heartless“, „Hard Knock Life“, „Public Service Announcement“, „Izzo (H.O.V.A.)“, „Encore“, „99 Problems“, „Dirt Off Your Shoulders“ und selbstverständlich „Empire State Of Mind“. Der Song macht dann doch klar: Jay-Z ist der größere von beiden. Denn obwohl die Hymne auf New York City in der Mitte des Sets versteckt ist und Alicia Keys‘ Refrain vom Band kommt, wird kein Song danach mehr für derartigen Jubel sorgen. Das Finale: Nach „No Church In The Wild“ und „Lift Off“ kommt „Niggas In Paris“. Dann noch mal. Die Inszenierung bekommt erste Risse. Und noch mal. Spontaneität besiegt die Show. Und noch mal. In der namensgebenden Stadt, Paris, hatten sie den Song Anfang Juni bereits elf Mal gespielt. Zwei Tage nach dem Kölner Konzert brachen sie ihren eigenen Rekord, wieder in Paris: zwölf Mal, eine Stunde „Niggas In Paris“. In Köln reichen vier Wiederholungen, um Tausende mit offenen Mündern zurückzulassen. Unfassbar. Lässiger kann man nicht alles geben.