Im Plattentest


Wir haben uns mit Frank Diez, dem Leadgitarristen von Emergency, zusammengesetzt und ihm ein paar LP's vorgespielt. Dabei wurde ihm nicht gesagt, um welche Platten es sich handelte, so dass er den oder die jeweiligen Interpreten erraten und dann einen persönlichen Kommentar abgeben musste...

NOT FADE AWAY Grateful Dead – Doppel-LP

Die Aufnahme gefällt mir ausgezeichnet. Mein erster Eindruck: der Rhythmus ist unheimlich spannend und aufregend. Wirklich ein herrlich vibrierender Rhythmus, den die Leute da machen. Der Gitarrist ist sehr gut, ich nehme an, dass es sich um Mike Bloomfield handelt. Klingt wie Bloomfield, ich weiss nicht, ob er’s ist. Jedenfalls spielt er so ähnlich. Ich glaube zu erkennen, dass es sich um eine amerikanische Gruppe handelt. Es könnte eine Sessionaufnahme bekannter amerikanischer Musiker sein. Ich finde das Stück sehr gut, es ist impulsiv und spontan gespielt und der Gitarrist gefällt mir, wie gesagt, besonders gut.

FLOWERS OF EVIL Flowers Of Evil – Mountain

Zuerst hatte ich Schwierigkeiten, die Gruppe zu erkennen, denn der Sound ist nichts besonderes, man hört ihn ziemlich oft. Aber an dem eigenartigen Gitarrenton habe ich dann erkannt, dass es sich um Mountain handelt, also um Lesley West, den ich wirklich für einen fähigen Gitarristen halte, obwohl ich manchmal das Gefühl habe, dass er sich Albert King vielleicht ein bisschen zu gründlich angehört hat. Aber er hat gerade auf dieser Platte einen wunderbaren Gitarrenton. Ich habe die Platte „Flowers Of Evil“ schon ein paar Mal gehört, habe mir allerdings immer die andere, also die Live-Seite, angehört, wo u.a.

„Mississippi Queen“ gespielt wird. Diese Stücke, bei denen es mehr auf Improvisationen und Zusammenspiel ankommt gefallen mir besser, als die im Studio aufgenommenen, die ich persönlich nicht so gelungen finde. Lesley West ist für mich der Inbegriff des Heavy-Rock-Gitarristen und besonders mag ich seine Gitarrenimprovisationen, die ich bei dem Stück, das du mir vorgespielt hast, vermisse.

SIMPLE MAN Simple Man -Cuby + Blizzards

Das erste, was ich hier bemerkenswert fand, war der Klang des Schlagzeugs. Ich tippte zuerst auf Nigel Olsson von Elton John, der hat einen ähnlichen Schlagzeugklang, wie der Drummer auf dieser Platte. Mit einiger Hilfestellung – ich erfuhr, dass es sich um eine holländische Gruppe handelt – kam ich auf Cuby + Blizzards. Sicher war ich jedoch nicht, ich hätte eigentlich nicht auf sie getippt, weil Eelcos Gitarre stilistisch nicht so ist, wie auf den Platten, die ich von der Gruppe kenne. Ich muss dazu sagen, dass Eelco Gelling für mich einer der besten Bluesgitarristen Europas ist. Dass ich ihn hier nicht gleich erkannt habe, liegt auch daran, dass das Stück vom Arrangement her kein Bluesstück ist. Trotzdem gefällt es mir recht gut.

SWEET LITTLE ANGEL B. B. King Live At The Regal – B. B. King

B.B.King! That’s B.B.King! Ich kenne die Platte nicht, aber das ist er, der fantastische B.B.King! Seine Gitarrensoli sind wirklich eine reine Freude. Ich liebe gerade diese Art des Bluessingens. Bluestroubadoure, die mit ihrer Gitarre von ihren Leiden und Freuden erzählen, die meistens von der Liebe und vom Alkohol handeln. B.B. King ist grossartig, obwohl er seine Stücke wohl ein bisschen dem Geschmack der Nachtclubbesitzer von Las Vegas angepasst hat. Er hat eine bestimmte Art, Töne in Zeit zu setzen und eine bestimmte Art von Dynamik, die ist unübertroffen und die habe ich bisher auch noch von keinem anderen Gitarristen gehört.

I’M NOT AWAKE YET Deuce – Rory Gallagher

Mr. Rory Gallagher. Ich glaube, dass es sich hier nicht um Taste, sondern um seine neue Band handelt. Er ist ein hervorragender Gitarrist und Musiker und vor allem schreibt er unheimlich schöne Lieder. Ich schätze ihn deshalb nicht nur als Gitarristen, sondern beinahe noch mehr als Komponisten. Aber ich muss dazu sagen, dass mir die Aufnahmen der Taste besser gefallen haben, weil die Musik einfach spontaner und die Improvisationen und sein Gitarrenspiel mit den Taste viel intensiver waren. Trotzdem gefällt mir dieses Stück doch ganz gut. Rory Gallagher ist wohl einer der besten jungen Musiker Englands. Ich hab ihn mal auf einem Festival in Essen erlebt. Das war nachts um 3 und sämtliche Leute lagen, nachdem sie schon acht andere bekannte Gruppen gehört hatten, stoned, müde und apathisch im Saal. Rory Gallagher brachte sie trotzdem zum Brüllen und Toben.

THE BATTLE OF EVERMORE vol. 4 – Led Zeppelin

Das ist Robert Plant, hier klingt er ab und zu ein bisschen wie Mick Jagger. Diese Nummer gefällt mir absolut nicht. Ich finde sie sehr monoton und sehr kommerziell zurechtgebogen. Auch die Aufnahme der Stimme scheint mir etwas übertrieben. Ich weiss nicht, was bei derartigen Stücken diese elektronischen Effekte bewirken sollen. Für mich ist es ein heilloses Durcheinander und ich finde auch die Aufnahme nicht halb so gut, wie die der ersten beiden Led Zeppelin LP’s. Wer die Sängerin ist weiss ich nicht. Nein, das Stück gefällt mir überhaupt nicht.

THE SPOTLIGHT KID – Captain Beefheart

Wer könnte das sein ? Klingt wie eine zickige englische Schlagerproduktion aus den Fünfziger Jahren. Ich habe beim besten Willen keine Ahnung. Wer ist es denn? Captain Beefheart? Auf ihn wäre ich nicht gekommen, denn ich habe ihn zu wenig gehört, um ihn wiedererkennen zu können. In irgendeinem Musikmagazin habe ich gelesen, dass Frank Zappa ihn zum Genie ernannt haben soll. Ich habe zwei Textbücher von ihm und finde seine Texte ausgezeichnet. Allerdings, anhören mag ich ihn mir nicht so gern, denn was er musikalisch macht, gefällt mir nicht.

Ich möchte mich da aber nicht festlegen, sondern würde mir dann lieber noch mal die ganze Platte gründlich anhören.

Auf meine Frage, welches Stück ihm am besten gefallen hatte, antwortete Frank Diez: Grateful Dead und in einem Atemzug zu nennen dann noch B.B. King und zwar, weil auf diesen beiden Platten am spontansten musiziert wird. Die Stücke von Mountain, Cuby + Blizzards und Rory Gallagher gefielen mir, weil es sich hier um durchschnittlich gute Rockstücke handelte. Zu der Platte von Captain Beefheart möchte ich mich nicht definitiv äussern, Led Zeppelin gefiel mir überhaupt nicht.