„Ich war sehr angetan von Dylan“


Jedes dieser Bilder erzählt eine Geschichte. Nur welche? Wir haben nachgefragt. Heute: Patti Smith.

„Objects Of Life“

Im Januar 2010 hat Patti Smith diese Objekte in der Robert Miller Gallery in New York City ausgestellt.

Das sind ein paar meiner wichtigsten Sachen – meine Polaroidkamera, meine Schreibmaschine, auf der ich noch immer schreibe, meine Kladden, mein altes Buch über die Jungfrau von Orléans, das ich als Teenager las, etwas von dem Beat-Autor Gregory Corso, Baudelaire … Ich pflege und hege alles, was mich geprägt hat. Ich besitze ein Paar Slipper von Papst Benedikt XV! Weil er die Jungfrau von Orléans 1920 heilig gesprochen hat.

Christoph Schlingensief

Patti Smith begegnete ihm zum ersten Mal 2005 nach einer Aufführung von Schlingensiefs „Parsifal“-Inszenierung in Bayreuth, über welche sie für „Die Zeit“ berichtete.

Er war innovativ und revolutionär. Ich bin nie einem Menschen mit einer größeren Vorstellungskraft begegnet. Der Peter Pan Deutschlands. Sein Projekt in Afrika, das Opernhaus, war seine Art, alles, was er über Kunst, Musik und Kultur weiß, mit den Menschen zu teilen.

Das Chelsea Hotel

Künstlerherberge und Rettungsanker für Punks und Hippies in den Siebzigern in New York.

Das Chelsea! (seufzt) Dort lebte ich in den Siebzigern zwei Jahre lang mit Robert Mapplethorpe, als wir total arm waren. Wir wurden aufgenommen wie Waisenkinder, sie nahmen unsere Gedichte und Bilder als Bezahlung. Ich traf dort viele tolle Menschen. Allen Ginsberg, Janis Joplin, Jimi Hendrix, William Burroughs – in den ich übrigens ziemlich verknallt war. Außerdem wohnte ich dort noch mal in den Neunzigern mit meinen Kindern, als ich nach dem Tod meines Mannes aus Detroit zurückkam und erst mal ziemlich verloren dastand.

Bertolt Brecht

Immer wenn Patti Smith in Berlin ist, besucht sie sein Grab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof.

Dort habe ich letztens extra für Bertolt Brecht Klarinette gespielt. Ich bin eine miese Klarinettistin, aber er hat sich nicht beschwert. Ich habe Brecht von Bob Dylan empfohlen bekommen. Ich hörte und las früher alles, was Dylan gut fand. An Brecht beeindruckt mich besonders, wie er Kunst und Aktivismus verschmolz. Und die Kraft seiner Figuren. Und seine Idee, dass die Macht von unten, vom Volk, kommen kann.

Pablo Picassos „Guernica“

Das Werk prägte Patti Smiths Auftreten gegen den Krieg und für die Menschenrechte.

„Guernica“ ist mein Lieblingsgemälde, weil es das kraftvollste Statement ist, das ein Künstler je gemacht hat. Es ist ein so mächtiges Anti-Kriegs-Mahnmal. Innerhalb eines einzigen Moments sieht der Betrachter, wie schlimm das Leid im Krieg ist: Die verletzte Mutter kriecht mit ihrem Baby herum … all diese starken Codes. Als ich jung war, hing es in New York im Museum Of Modern Art. Picasso wollte es nicht nach Spanien zurückbringen, bis Franco tot war. Ich hatte früher nie Geld und stand häufig vor der Entscheidung: essen oder „Guernica“ anschauen. Das Bild hat oft gewonnen.

Bob Dylan

Später standen sie auch gemeinsam auf der Bühne. Doch anfangs begegneten sie sich vor allem als Fan und Idol. Eine dieser frühen Begegnungen fand Ende der Siebziger gegenüber von Jimi Hendrix‘ Studio „Electric Ladyland“ statt …

Bob drehte gerade den Film „Renaldo und Clara“. Ich war sehr angetan von ihm! Ich weiß noch genau, wie toll ich ihn fand und worüber wir da gesprochen haben: über Rimbaud, unser beider großer Dichterheld. Ja ja, ich habe ein gutes Gedächtnis. Vor allem, was Bob betrifft … Dass er der größte lebende Songschreiber ist, muss ich nicht noch mal betonen, oder?

Die Ramones

Vor dem legendärsten Club New Yorks, dem inzwischen geschlossenen „CBGB“.

Ach, diese netten Jungs. Aber das Foto macht mich traurig, denn alles auf diesem Bild ist weg. Die Ramones sind tot. Das „CBGB“ ist tot. Television waren die ersten, die im „CBGB“ gespielt haben, und meine Band war die erste, die viele Leute in den Laden gezogen hat. Die Ramones kamen später. Aber sie waren DIE „CBGB“-Band, denn das Konzept des Clubs war, die Zukunft ins „CBGB“ zu bringen. 1974, als wir dort spielten, nahmen wir die Zukunft vorweg. Und die Ramones waren die Zukunft. Drei Akkorde und die Macht des Wortes. Mehr braucht man nicht.