Ice-T


Dies ist LA. 1996. Nicht Chicago 1930. Aber echte Ice-T-Fans schreckt nichts davon ab, sich zu entblöden: Sie fahren in schwarzen Limousinen vor, sie tragen schwarze Hüte, rauchen übelriechende Stumpen und blicken furchtbar böse drein. Ein goldener Glanz überfällt dann die Schweinsäuglein, als zu später Stunde „The Man“, der große Zampano, sprich: Ice-T auf die Bühne tritt. Was’n Auftritt! Den Fellmantel über die breiten Schultern gelegt, darunter in feinsten Schwarz-Weiß-Nadelstreif gehüllt, ein goldenes Kreuz um den Hals und eine finstere Grimasse auf dem Antlitz: So stellt sich Pupsi Pupskopf einen „O.G.“, einen „Original Gangsta“, vielleicht sogar einen „O.G.O.G.“, einen „Original Gangsta Ohne Gleichen“ vor. Und erst die Musik! Einfach klasse! Giorgio Moroders marodes Titelthema von ‚Scarface‘ wabert elastisch durch den Qualm, genauso elastisch wie Ice-Ts katzenhafter, raubtierhafter, O.G.-hafter Gang. Das ist ein M-A-N-N, und hätte der Auftritt im Salambo auf der Reeperbahn stattgefunden, hätten bestimmt selbst Frauen einen Steifen bekommen. Aber leider sind wir nicht im Salambo, sondern im HoB. Außerdem wird die Show jetzt schnell sehr blöde. Und überhaupt, hätte Ice-T niemals ‚Copkiller‘ geschrieben, dann wäre er ewig in seinem verdienten Umfeld von Mittelmäßigkeiten steckengeblieben. Aber ‚Copkiller‘ spielt er noch nicht einmal. Statt dessen muß ich mir die alte Leier von den „Gangstas“, „Pimps“, „Players“ und „Bitches“ anhören. Warum? Warum muß ich es erleben, wie ein angeblich Erwachsener vor seinem am Bühnenrand sitzenden Kind, Little Ice, schmutzige Witze darüber erzählt, wie eine Vierjährige in den Arsch getickt wird? Warum gefällt das der Masse von Möchtegern-Gangstas, deren Gangstatum sich darauf beschränkt, daß sie ihre Freundinnen „Nutte“ nennen und im Klo daneben pissen? Warum? Ich weiß es nicht. Wüßte ich es, wäre ich reich. Dann wäre ich ein „Player“. Ein „O.G.“ Und müßte nie wieder über so einen Scheiß schreiben.