Ian Curtis – Tragischer Held und Mythos


Schon der Name Joy Division warf einen finsteren Schatten. Auf der Suche nach einem einprägsamen Bandnamen war Ian Curtis (geb. 15. Juli 1956 in Macclesfield) das Buch „House Of Dolls“ in die Hand gefallen, in dem der ehemalige KZ-Häftling Karol Cetinsky seine Erfahrungen schildert. Demnach unterhielten die Nazis separierte Freudenhäuser, in denen inhaftierte Frauen und Mädchen zur Prostitution gezwungen wurden. Curtis empfand dies als geeignetes Bild, um seine Abscheu über die Versklavung durch die Musikindustrie zu symbolisieren. Von ihm stammte auch die Idee, das erste Bandtreffen ausgerechnet auf einem Parkplatz des Strangeways-Gefängnisses von Manchester abzuhalten. Die Welt des Ian Curtis war eine der Verzweiflung, Isolation, Paranoia und Endzeitstimmung. Seine Lyrik zelebrierte er zunächst mit dem Schwung der Post-Punk-Ära. Dennoch kam sein Freitod am 18. Mai 1980 nicht unerwartet. Über die Motive gibt es bis heute keine gesicherten Erkenntnisse. Curtis litt an Epilepsie und Depressionen. Die vorangegangene Trennung von seiner Frau verkraftete er wohl nicht. Ironie des Schicksals: Der Song „Love Will Tear Us Apart“ wurde im Juni 1980 der größte Joy Division-Hit in England. Vor seinem Tod soll der stark an deutscher Geschichte interessierte Sänger seine Begeisterung über die Musik von Kraftwerk geäußert haben – ein Vermächtnis, das die verbliebenen Bandmitglieder aufnahmen.