ME Liste

Hotlist 2025: Das sind unsere Newcomer:innen des Jahres – Part 1

Wir wagen einen Blick in die Zukunft. Wer sind die besten neuen Bands und Künstler:innen? Hier der 1. Teil.


Musikexpress Badge
Empfehlungen der Redaktion

Wir stellen die Newcomer:innen von 2025 vor. Los geht’s!

Die Drei vom Energieministerium: Lifeguard

Das blutjunge Trio Lifeguard schreibt die Postpunk-Geschichte der Windy City fort – und erstaunt mit vielen Deutschland-Bezügen aus Ost und West.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Interessant, diese Deutschland-Faszination! Kai Slater, Gitarrist von Lifeguard, betreibt in ­Chicago ein Fanzine mit dem Namen „Hallogallo“, inspiriert vom Stück der krautigen Minimalismus-Meister Neu! Auch das freie Kollektiv aus Bands der Stadt nennt sich „Hallogallo“, hier dabei ist auch die tolle Slacker-Indie-Rock-Band Horsegirl, der 2022 der Durchbruch gelang. Mit seinem Solo-Projekt Sharp Pins veröffentliche Kai Slater im Mai 2024 das Album RADIO DDR, darauf zu finden ein Track mit dem Titel „Lorelei“. Und Lifeguard kündigten ihre für 2025 zu erwartenden Großtaten mit der Single „Ministry / Energie“ an. Vielleicht hätte der für Energie verantwortliche Minister Robert Habeck bei seinem Küchenfilmchen lieber diesen Song summen sollen als Grönemeyers „Zeit, dass sich was dreht“. Das hätte ihm statt Ärger viele Coolness-Punkte eingebracht. Lifeguard sind ein Beispiel für die These, dass die kulturelle Geschichte einer Stadt die Szenen bestimmt. Generationenübergreifend.

Die beiden EPs „Crowd Can Talk“ (2022) und „Dressed In Trenches“ (2023), die dieses noch sehr junge Trio (Altersspanne: 17 bis 19 Jahre) unter halbwegs professionellen Bedingungen aufgenommen haben (das Zeug davor klingt dann doch sehr nach Keller und Kassette), erinnern nicht bloß an den von Steve Albini vorgedachten Indie-Rock aus Chicago. Sie sind auch in dessen Studio Electric Audio entstanden. Es ist ein großer Trost, dass nach Albinis Tod im Mai 2024 seine Idee von Indie-Rock weiterlebt: Als eine rumpelige, wuchtige Musik, die auch aufgenommen so klingt, als stehe man unmittelbar neben der Band. Mit der 2024er-Single „Ministry / Energie“ gingen Lifeguard zuletzt raus aus Chicago, nach Los Angeles, ins Studio von Randy Randall, Gitarrist der Noiserock-Band No Age. Gemeinsam mit ihm entwickelten die drei einen neuen Sound, der ziemlich sicher auch das Debütalbum bestimmen wird: Das Albini-Rumpeln ist weg, es wirkt nun mehr nicht nur, als erlebe man die Band im selben Raum, sondern als blase sie einem den Indie-Punkrock aus der Garage direkt in die Ohren. Auch dieser Sound hat Tradition, er erinnert an die Wipers – passend dazu covern Lifeguard auf der B-Seite deren „Telepathic Love“, das auch ein wenig die ganz frühen Sachen der Strokes heraufbeschwört. Alles keine schlechten Voraussetzungen dafür, dass Lifeguard 2025 abräumen werden. Und dann werden wir auch mal nachfragen, was es mit dieser Deutschland-Sache auf sich hat.

Text: André Boße