History


Polit-Barde Wolf Biermann titulierte den am 17. Mai 1946 im westfälischen Gronau geborenen Udo Lindenberg einst als „Das Fettauge in der westdeutschen Wassersuppe“. Im Hinblick auf die politisch ambitionierten Pioniertaten engagierter Sänger wie Rio Reiser, der schon vor Udo in der Muttersprache selbst getextete Granaten zündete, mag dies gerechtfertigt sein. Doch brachte keiner Straßenjargon, Showbiz und politisches Engagement so auf den Punkt wie Udo. Das Allroundtalent steht mit seinem Aktionismus selbst nach 30 Jahren im deutschen Künstlerwald allein da. Seine Lehr- und Wanderjahre verbringt der anfangs Schlagzeug spielende Autodidakt bei diversen Jazzbands in Norddeutschland und in US-Army-Clubs in Tripolis und Frankreich. Er trampt Ende der 60er nach Hamburg, wo er als Seemann anheuern will, dann aber bei der Folklore-Truppe City Preachers hängen bleibt. 1969 gründet Udo die Free-Jazz-Band Orbit, nebenher verdingt er sich als Studiomusiker. Jazzer Klaus Doldinger holt ihn 1970 in sein Quartett Motherhood, das sich kurz darauf in Passport umbenennt. Kurz vor seinem ersten, noch englischsprachigen LP-Debüt „Lindenberg“, wechselt Lindi zur Jazz-Formation Emergency. 1972 erscheint das erste deutsch gesungene Album „Hoch im Norden“ – die Republik horcht auf. Der Durchbruch gelingt ihm nach Gründung des Panik-Orchesters und dem dritten Werk „Alles klar auf der Andrea Doria“ (1973) – Lindenbergs Reime werden zu geflügelten Wörtern, füllen Albenklassiker wie „Ball Pompös“ und „Votan Wahnwitz“. Sein erstes Konzert in der DDR gibt er am 25. Oktober 1983. Einer für Sommer 1984 anvisierte Tour durch die DDR erteilte der SED-Staat eine Absage – Basis für Udos Kultstatus im Osten. Mit seiner „Feuerland“-Revue gastiert er 1987 in der UdSSR und setzt mit einem politischen Meinungsaustausch auf brieflicher Ebene mit dem DDR-Staatschef Erich Honecker Akzente in der Ost-West-Politik. Die 80er Jahre klingen mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes aus, die 90er Jahre beginnen mit einer Tour durch den nun offenen Osten Deutschlands. Der Kunstmaler Lindenberg stellt 1996 erstmals seine Werke aus. Im gleichen Jahr reformiert sich das Original Panik-Orchester. Für die „Belcanto“-Tour im Herbst ’97 heuert Udo das Babelsberger Filmorchester an. Am 9. November 2000 engagiert sich die seit zweieinhalb Dekaden in Luxus-Herbergen logierende Legende für „Rock gegen Fremdenhass“.