Hirnflimmern
Ich weiß nicht, sind es Fehler in der Matrix, oder hat es was damit zu tun, dass man seinen Frühstücksclown nicht brav aufgegessen hat: An manchen Tagen spürt man es deutlicher als sonst, dieses Ziehen in der Hirnrinde, dieses unbestimmte Gefühl der Scham: Was, wenn uns jetzt-sagen wir mal-Außerirdische oder meine Oma selig so sehen könnten? Ein traditioneller Termin für die kollektive Nichtentblödung, die seit Zeiten als Popkultur verkleidet durch die Kanäle gackert, einem ihren Allerwertesten hinzureiben, ist das PopKomm-Wochenende. Also: Ein Spaziergang übers Kölner Ringfest am Samstagnachmittag. Die Band ohne Namen spielt. Ein „Gitarrist“, dessen gesamter Gestus eine Bettelei um Backenfutter ist. Der Sänger holt Bikinitittentänzerinnen in den Nieselregen auf die Bühne und schenkt uns eine Information: „Wir werden ‚Boys’jetzt auch in Europa (!) und den USA rausbringen. Was aber nicht heißt, dass wir nicht weiter in Berlin wohnen und Musik für Deutschland machen.“ Da wird sich die deutsche Volksgemeinschaft aber freuen, Kamerad.Verbalstuhlgang auch auf der RTL-Stage. Ein Berufsjugendlicher „interviewt“ ein Soapsternchen, männlich: „In der Serie bist du ja mehr so der Womanizer. Uns interessiert natürlich: bist du privat auch so ein Womanizer?“ Natürlich ist er privat mehr so total treu, der Sascha oder wie er heißt. Eine Ecke weiter sucht ein hoffentlich noch ganz lange unbekannter Deutschhopper, Laufpublikum zu Begeisterungsgehopse hinzureißen: „Seid ihr bereit für HipHop-Shit? Hey! Seid ihr bereit für HipHop-Shit???“ Herrgott, neinl Später im Hotel: vom freilaufenden Irrsinn zum medial aufbereiteten. Irgendjemand hat Brisko Schneider seine eigene Comedy-Show gegeben. Im besten Fall ein Verrückter, der ihn tatsächlich witzig findet. Im traurigen Regelfall aber wohl jemand, der ganz genau weiß, dass diese unsympathische Wurst das Humor-Potential einer Seegurke hat. Na und? Bei „Top Of The Pops“ stretchhost der wohl längst der Alters-Demenz anheim gefallene Brian May mit der Boygroup Five zu „We Will Rock You“, um dann Platz zu machen für Pur mit ihrer neuen Single – gestandene Teenager flippen vor laufender Kamera aus. Wieviele Frei-Rationen Crack haben sie denen versprochen? Sehr spät: The Berserker-Video im Nachtprogramm. Zwei Minuten geöffnete Schädeldecken, Dämonenfratzen, Psychose. Irgendwie wird klar, was der Mann meint.