Hirn flimmern


Es ist schon so eine Sache mit der modernen Technik. Sie macht einen träge. Wenn er daheim auf der Couch hänge und eine CD höre, berichtete letztens ein Kollege, und wissen wolle, wie das vierte Lied heißt, das gerade läuft, dann komme es immer häufiger vor, dass er sich nicht etwa erhebe, um auf der CD-Hiille nachzusehen. Sondern er zieht den Flatratelaptop heran und schaut halt schnell auf Wikipedia nach. Verständnisvolles Nicken in der Runde. Und wenn der Laptop gerade nicht in Reichweite ist – nimmt man halt das iPhone, klar. Und wenn da der Akku leer oder, was ja weit häufiger vorkommt: kaputt ist, dann schreit man halt in die Küche rüber: „Hey Alte, wie heißt’n das vierte Lied von der neuen Brendan Bensoni“ Jetzt tun Sie nicht so schockiert, man wird doch mal einen postmodern-augenzwinkernden, mehrfach ironisch gebrochenen frauenfrozzelnden Witz machen dürfen. Nein? Herrgott. Dann darf ich Sie vielleicht mit einer Beobachtung konfrontieren, die ich letztens machte und die mich mir wieder ein paar der altbekannten Fragen “ What the fuckf“, „Hat“, „Höf“ etc. – stellen ließ. Eine Abfolge von drei „items“ auf der “ Infoscreen“ im S-Bahnhof Rosenheimer Platz. Zunächst eine Gesundheits-Info, dass und wie Dauerstress das Herzinfarktrisiko erhöht. Gefolgt von einem Werbespot für „Kellogg’s Cornflakes Harmonie“ (?!). Und dann ein Häppchen literarische Bildung, ein Zitat von Maxim Gorki: „Angst ist für die Seele ebenso gut wie ein Bad für den Körper.“ Ich frage mich immer noch, ob ich mich verlesen habe oder ob Maxim Gorki – resp. derjenige, der das Zitat in die „Infoscreen“ speiste – ernsthaft einen an der Birne hatte. Na, egal. Bevor das heute zu gar keinen Zählbaren Ergebnissen mehr führt, möchte ich Ihnen jetzt noch einen super Witz an die Hand geben, mit dem sich aufs Vortrefflichste – und ich weiß, wovon ich rede, ich durfte seine Wirkung am eigenen Leibe erfahren — zum Beispiel schale Konzertabende kommentieren, aburteilen und zumindest mit einem Tupfer Heiterkeit aufhellen lassen. Mir selbst wurde der Witz – eher ist es ja ein Gag – erst kürzlich kolportiert von einem Kollegen, aber ich mag die Tatsache, dass er, der Gag, tatsächlich schon geschlagene 80 Jahre alt ist. Er stammt im Original von dem Humoristen Wilhelm Bendois, der ihn, glaubt man meinem Kollegen, offenbar im Jahr 1929 zum ersten Mal riss (woher der Kollege das so genau weiß, weiß ich nicht so genau). Man steht also auf dem Konzert von, sagen wir: Hopsy & The Flopsies, und es ist gar nicht mal so gut. Irgendwann beugt man sich zu seiner Nebenperson hinüber und fragt mit weltläufig-gelangweilter Miene und möglichst beiläufig: „Weißt du, wann ich Hopsy & The Flopsies zum letzten Mal live gesehen habf“ Im Idealfall fragt die im Idealfall ebenso vom Konzert genervte und darum für Ablenkung dankbare Nebenperson nach: „Nein, wann denn?“ Hier lassen Sie eine kurze Kunstpause zu und droppen dann ein bitte knochentrockencs:“Heute.“ Wenn das nicht zumindest die nächsten 15 Minuten rettet, dann gehen sie am besten einfach heim. Ich mache das mal schnell vor…