Herrliches im Halbschatten
Ron Sexsmith hat neue Lieder geschrieben, seine schönsten bisher. Der Grund ist ein Mädchen. Wird die Weit nun endlich mal zuhören?
Ron Sexsmith war auf Tour mit Coldplay und saß eines sonnigen Tages im Backstageraum rum und spielte ein Lied. Da steckte Coldplay-Sänger Chris Martin seinen Kopf durch die Tür, fragte: „Ron, was spielst du da?“ Sagte Ron: „Das ist ein neues Stück, heißt,Not About To Loose You ‚.“ Chris setzte sich, Ron spielte und sang, Chris sagte: „Wow, das ist ein Hit!“ Chris Martin kennt sich aus mit Hits, und Ron Sexsmith kennt sich aus mit berühmten Musikern, die ihm Hits bescheinigen und eine große Karriere voraussagen. Elvis Costello, Elton John, Paul McCartney und andere sind erklärte Fans des pausbäckigen Kanadiers, der sagt: „Es ist komisch, dass viele große Leute wissen, wer ich bin, aber die kleinen nicht.“ Wann schnallt der Rest der Welt, dass hier ein Großer im Halbschatten des musikgeschäftlichen Flutlichts herrliche Lieder vollbringt? Hört man Sexsmiths neues Album RE-TRIEVER, so möchte man antworten: Wenn nicht jetzt, dann nie! Denn alles hier ist fein, stimmig komponiert, voller schöner Melodien und beseelt von jener bedingungslosen Romantik, die ein Liebeslied zu einem Lieblingslied macht. Früher klangen die Stücke des Kanadiers dunkler und introvertierter. Nun aber ist da eine neue Leichtigkeit in seinen Liedern, mehr Licht. Und es gibt Refrains. Denn: der Mann ist nach langen Jahren wieder verliebt. „Ein paar Tage vordem 11. September traf ich dieses Mädchen. Wir fanden uns, als die Welt verrückt spielte. Nun leben wir zusammen. Viele der neuen Lieder habe ich geschrieben, als unsere Liebe begann. „Wenn er singt, schwingt in seiner klaren, warmen Stimme noch immer die Ahnung vom Ende, die Melancholie eines Menschen, der weiß, wie es ist, zu verlieren, was er liebt. Aber es ist in Stücken wie „Happiness“ und „What ever It Takes“ auch Lust am Leben, der soulige Swing eines Mannes, der durch den Park schlendernd vom Schmetterlingsgefühl in seiner Magengegend faselt. Und es sind ja jene, die gelitten haben, die am intensivsten leben. Auch deswegen ist retriever eines der schönsten Alben des bisherigen Jahres geworden. Ob die weite Welt nun endlich zuhört oder nicht, ist dann schließlich irgendwie auch egal. Ron Sexsmith hat sein Mädchen, wir haben seine neuen Lieder, seine vielleicht besten bisher. Das reicht.