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Kritik zu „Hereditary – Das Vermächtnis“: Das hier ist der Horrorfilm des Jahres


Mehr Horror geht nicht: Eine Geistergeschichte, in der die Dämonen echter sind, als man es sich wünscht.

Leicht ließe sich argumentieren, dass Ingmar Bergmans extremere Psychodramen tief im Kern Horrorfilme waren: „Schreie und Flüstern“ beispielsweise. Oder seine Holocaust- Allegorie „Schande“. Aber wenn Bergman einen richtigen Horrorfilm gemacht hätte, einen puren Genrefilm, seine Version eines „Insidious“ oder „Conjuring“, dann hätte tatsächlich ein Film herauskommen können wie „Hereditary“.

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Der ist doppelt beeindruckend, weil es sich um ein Debüt handelt: Es ist Ari Asters erster Spielfilm, und seine Kontrolle über alle Aspekte des Filmemachens ist beeindruckend. Das alleine würde „Hereditary“ aber nur zu einer sehenswerten, aber leeren Übung machen. Aber da ist auch noch ein tiefes Verständnis für die Abgründe der menschlichen Psyche, die wie ein verfluchter Dämon ist: unfähig, jemals zur Ruhe zu kommen.Das macht den Unterschied aus: Aster hat den Fans von Geisterfilmen zuliebe ein paar gute Schocks untergebracht, wie sie auch James Wan nicht besser hinkriegen würde. Sein filmisches Gerüst ist aber nicht dazu da, ein paar Mal billig zu erschrecken.

Toni Collette wächst über sich hinaus

Es ist umgekehrt: Aster nimmt die Geisterwelt ernst; sie sind Manifestationen tiefer Verstörungen und Traumata seiner Figuren, die Trauerarbeit leisten, aber doch nicht dem entkommen können, wer sie sind und wozu ihre Familie sie gemacht hat. Und dann ist da im Mittelpunkt Toni Collette, die ja eigentlich immer gut ist, aber hier über sich hinauswächst und Liv Ullmann, Ingrid Thulin und die anderen tollen Bergman-Frauen kanalisiert. Sie ist eine Wucht als Annie, Mutter zweier Jugendlicher und Galeriekünstlerin, deren Spezialität Miniaturmodelle sind, in denen sie Zimmer und Räume nachstellt.

Ihre Tochter sieht Geister. Aber nicht sie ist es, die Kontakt zur Schattenwelt aufnimmt, sondern Annie, die nicht über den Tod ihrer Mutter hinwegkommt. Und damit etwas heraufbeschwört, das sich in der zum Schneiden dicken Atmosphäre des Films zu nacktem Schrecken verdichtet. Es ist eine gute Zeit für das Horrorgenre: „Get Out“, „A Quiet Place“, „Personal Shopper“ und jetzt Ari Asters Film, der auf eindringliche Weise zeigt, dass es nichts Schlimmeres geben kann, als dass Blut dicker ist als Wasser.

„Hereditary – Das Vermächtnis“ läuft ab dem 14. Juni in den deutschen Kinos.