Helmet


Die Reunion ist rum. Nun vielleicht Hamilton solo?

Musikalische Schubladen waren nicht unbedingt die Sache von Page Hamilton. Und wenn’s um die Einordnung des eigenen Schaffens ging, war sowieso der Ofen aus. Dann sah der Sänger, Gitarrist und Vorsitzendevon Heimet regelmäßig rot: „Ich hab nichts gegen diese Richtung“, sagte Hamilton dereinst, „aber wir sind keine Heavy Metal-Band. Alternative machen wir auch nicht, und Punk und Hardcore treffen es ebenfalls nicht. Nennen wir’s doch einfach Rock – das Etikett hat schließlich für Led Zeppelin und Jimi Hendrix auch gereicht.“

An Selbstbewußtsein, so viel ist bis heute unstrittig, hat es Page Hamilton in Bezug auf seine Band nie gemangelt. Der Absolvent der Jazzabteilung der „Manhatten School of Music“ hörte sich bereits in der Prä-Helmet-Phase – der Bandname geht angeblich zurück auf seine Zeit als Austauschstudent in Stuttgart und ist eine Ami-Verballhornung von „Helmut“ – und vor der Veröffentlichung des Debüt-Albums „Meantime“ 1992 quer durch den musikalischen Gemüsegarten: Aufseiner persönlichen Playlist standen Mozart, AJ Green und Elvis Costello. Für Hamilton war Musik immer eine intellektuelle Herausforderung, und so ist es im Nachhinein alles andere als verwunderlich, dass Heimet einen ganz eigenen Sound prägten: Ihre akribisch zurechtgefönten Arrangements, die ausgefeilte Rhythmik, die Präzisions-Riffs und die für Brachial-Gitarren ungewöhnlich geschmeidigen Melodien ergaben ein homogenes Ganzes – und sprachen ob ihrer Komplexität sowohl knallharte Noise-Fans als auch etwas weicher bespannte Rockisten an. Vor allem aber waren Helmet immer meilenweit weg von Drei-bis-vier-Akkord-Bands wie Guns’n’Roses – am eindrucksvollsten wohl auf ihrem 94er-Album „Betty“ (umgangssprachlich für „Weib“). Die Platte, kommerziell bei weitem nicht ihre erfolgreichste, überzeugte – und überzeugt – durch kraftstrotzende Melodien und skurrile Momente: mit „Beautiful Love“ findet sich ein seltsamschönes Dizzy-Gillespie-Cover auf „Betty“. Eins waren Helmet allerdings auf keinen Fall: ein durch und durch demokratischer Verein. Mal hatte Page Hamillon zwei, mal drei Mitstreiter, und vor allem die Position des zweiten Gitarristen war wie das Wetter im April: wechselhaft. Auf BETTY etwa spielte Rob Echeverria einen extrem flotten Darm, bevor er dann nach seiner Demission durch Hamilton bei Biohazard unterkam.

1997 brachten Helmet mit „Aftrnime“ ihr letztes Album an den Start, und das war noch mal so gut und hilfreich wie eine Aspirin plus C: Wasser drauf, schon zischt’s und sprudelt’s – und dann entfaltet sich die volle Energie und Kraft. Anfang 1999 trennten sich Heimet, und seitdem warten viele Musikinteressierte auf ein Soloalbum von Hamilton respektive auf ein neues Bandprojekt. Weshalb es damit bis dato klemmt, weiß keiner so genau. Sollte es daran liegen, dass Hamilton kein gescheiter Name einfällt: ein paar Tage in Stuttgart, und die Sache wäre geritzt. Bis zum Neustart können sich alle die glücklich schätzen, die im vergangenen Jahr auf einer Halloween-Party in Brooklyn waren. Dort spielten Heimet nämlich einen spontanen Reunion-Gig, der allerdings so kurzlebig war wie ein ausgehöhlter Kürbis – am 1. November war alles schon wieder vorbei.

www.helmet.org (ehedem offizielle Seite, funktioniert nicht mehr)

www.djmaharaja.com/helmet/ (die geht)