Helloween


Mosh in Texas. Mit der Gewalt eines mittleren Erdbebens brachen die Hamburger Heavy Metal-Heroen, neben Exodus Support Act für die New Yorker Mosh-Könige Anthrax, über den amerikanischen Bundesstaat herein. Unter dem Banner von MTV und deren landesweit ausgestrahlter „Headbanger’s Ball“-Sendung wollten die Mannen von der Alster auch dem letzten Cowboy vor Augen und Ohren führen, daß die Germanen das begehrte Schwermetall inzwischen ebenso clever schmieden können wie ihre englische oder amerikanische Konkurrenz. Ausgerechnet in eine bestuhlte Halle hatten die Stadtväter die Metal-Karawane verbannt, wohl in der leisen Hoffnung, auf diese Weise etwaigen Ausschreitungen von vornherein den Wind aus den Segeln nehmen zu können. Doch waschechte Metal-Recken sind nunmal keine Operngänger und eine Headbanger-Party nicht die Salzburger Festspiele. Schwuppdiwupp, die ersten Riffs von „Eagle Fly Free“

schwirrten noch durch die Luft, da stürmten 4000 Maniacs im gut gefüllten Rund des Auditoriums auch schon gen Bühne. Hilflos mußten die Ordner mitansehen, wie Sänger Michael Kiske in die jubelnde Menge sprang und damit den Pegel der ausgelassenen Begeisterung noch um einiges in die Höhe trieb.

„Wo rohe Kräfte sinnlos walten“ war nicht. Im Gegenteil, das tumultöse Treiben vor und auf der Bühne war vielmehr Programm. Häufige Stellungswechsel der Musiker, hastige Sprints von einer zu anderen Seite, kurzum das choreographierte Chaos und – via MTV auch in den USA – populäre Songs wie „Dr. Stein“ oder „I Want Out“ ließen alle Köpfe rollen, pardon, natürlich bangen.

Dabei machte namentlich einer eine vorzügliche Figur: der neue Gitarrero Roland Grapow, vor Monaten als Ersatzfür den tourmüden Axeman Kai Hansen engagiert. Sein banddienlicher Beitrag war mit ein Garant für die exzellente Performance und erstaunliche Resonanz beim Publikum. Frisch und frei von der Leber, steigerte sich die Band in einen wahren Spielrausch. Egal, ob Hamburg oder Houston, die örtliche Metal-Gemeinde kochte im Taumel ungezügelter der Leidenschaft.

Fazit: Michael Kiske. Markus Großkopf, Ingo Schwichtenberg. Michael Weikath und Roland Grapow eroberten das Raumfahrtzentrum der Amerikaner mit Pauken. Trompeten und intelligentem Metal nicht nur für Kürbisköpfe. Auch weniger Hartgesottene kamen durchweg auf ihre Kosten. Nach 40 Minuten durften dann Exodus und schließlich Headliner Anthrax ihre musikalischen Keulen schwingen.

Zuvor jedoch kosteten die Fünf erst einmal die Ovationen der Zuschauer bis auf den letzten Schweißtropfen aus. Die Schlacht hatte schon vor der eigentlichen Entscheidung einen Sieger – und der hieß: Helloween.