Harvey Weinstein: Klägerinnen sind entsetzt über Urteilsaufhebung


„Schock und Empörung“ bei den Betroffenen

Der ehemalige Filmproduzent Harvey Weinstein wurde 2020 wegen mehrerer Sexualverbrechen verurteilt. Nun hat ein Gericht in New York das Urteil am Donnerstag (25.04.2024) aufgehoben. Klägerinnen fühlen sich von der Justiz im Stich gelassen.

„Wir wissen, was passiert ist“

„Das ist unfair gegenüber den Betroffenen. Wir leben immer noch in unserer Wahrheit. Und wir wissen, was passiert ist“, sagt Schauspielerin Ashley Judd zu der Wendung im Fall Weinstein auf ihrem Instagram-Kanal.

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2017 erhob Ashley Judd als erste Anschuldigungen wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung gegen den 72-jährigen Ex-Produzenten. Daraufhin brachten über 80 weitere Frauen ihre negativen Erfahrungen mit Weinstein an die Öffentlichkeit. So auch Schauspielerin Katherine Kendall.

Katherine Kendall bei einer Pressekonferenz zum Weinstein-Prozess in L.A. 2020
Katherine Kendall bei einer Pressekonferenz zum Weinstein-Prozess in L.A. 2020

Gegenüber der „New York Times“ sagte sie: „Es ist eine schreckliche Erinnerung daran, dass Opfer von sexuellen Übergriffen einfach keine Gerechtigkeit bekommen.“

„Ich fühle mich im Moment vom Justizsystem völlig im Stich gelassen. Ich bin fassungslos.“

Model Ambra Battilana Gutierrez, die Weinstein ebenfalls wegen sexueller Belästigung beschuldigte, sagte in einem Statement: „Wenn die Staatsanwaltschaft meinen Fall 2015 ernst genommen hätte, wären wir jetzt nicht hier. Dies ist ein anhaltendes Versagen des Justizsystems – und der Gerichte – Betroffene ernst zu nehmen und unsere Interessen zu schützen.“

Der Prozess dauerte mehrere Wochen an und endete am 24. Februar 2020 mit einem Schuldspruch für Harvey Weinstein wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung.

Am 11. März 2020 wurde er deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 23 Jahren verurteilt. Der Prozess trug maßgeblich zur Entstehung der „MeToo“-Bewegung bei, unter der Menschen inzwischen weltweit auf sexuelle Belästigung und Gewalt aufmerksam machen.

Harvey Weinstein möglicherweise mit Coronavirus infiziert

Nun wurde das Urteil aufgehoben, weil es während des Prozesses zu Verfahrensfehlern gekommen sein soll, weil Frauen vor Gericht aussagen konnten, die nicht Teil der Anklage waren. Der Fall müsse nun neu verhandelt werden.

Kein Trost

Bis dahin wird Harvey Weinstein in Haft bleiben. Anfang 2023 wurde er erneut wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung schuldig gesprochen und zu weiteren 16 Jahren Haft verurteilt. Damit können sich die Frauen des Pionier-Prozesses in New York aber nach eigenen Angaben nicht trösten.

„Jeder weiß, dass Harvey ein sexuelles Raubtier ist und dass er unzähligen Frauen Schaden zugefügt hat. Und doch wurde heute seine Verurteilung in New York aufgehoben. Die Leute beruhigen uns heute Morgen, dass er seine Verurteilung in Los Angeles noch absitzen muss, aber das hält mich nicht davon ab, vor Schock und Empörung zu zittern“, erklärt Louise Gobold, die 2020 nicht im Prozess um Weinstein ausgesagt hatte, gegenüber „Variety“.

Rodin Eckenroth Getty Images