Haldern Pop
Der Regen bleibt ein zuverlässiger Begleiter für Deutschlands feinstes kleines Open-Air-Festival.
Alle warten darauf, und im Vorfeld gibt es kaum ein anderes Thema. Der große Regen. Nach zwei Tagen ständigen, teils heftigen Niederschlags und einer ungeahnten Schlammschlacht im letzten Jahr erwartet man eigentlich auf dem Festivalgelände Menschen zu sehen, die mit Stolz T-Shirts mit der Aufschrift J surviVed Holdem 2005 and all I gol was this lousy T-Shirt“ tragen. Beruhigenderweise gibt es 50 etwas dann doch nicht. Und nur zeitweise leichten Nieselregen am Donnerstagabend. Martha Wainwright macht im sowieso trockenen Spiegelzelt dann als erste Sorgen über den Wetterbericht völlig obsolet. Ebenso wie Gedanken an Familienquerverweise, denn man erlebt eine hervorragende, im allerbesten Sinne unaufgeregte Songwriterin, zu der keiner der üblichen Vergleiche passen mag. Was auch für Lambchop gilt. Nach deren Maßstäben sieht man hier nur die „kleine“, siebenköpfige Besetzung, die ungewohnt – ohne die gewohnte atemberaubende Filigranität – und ungewöhnlich laut „rockt . Kurt Wagner sitzt zwar immer noch truckerbekappt auf der Bühne, führt die Band aber durch ein Set mit stets steigender Dramatik, das mit der gnadenlosen Schlagzeugdresche und den Übersteuerungen des kathartischen Wuttiradensongs „The Decline Of Country And Western Civilization“ abrupt, aber absolut folgerichtig endet.
Freitags hat das Warten dann ein Ende. Der große Regen kommt. Für knapp zwei Stunden. Vor, zwischen und nach dem allgemeinen Trockenlegen erstaunen Mumm-Ra Idie nächsten britischen Lieblings-Gitarren-Pop-Flegel?], gehen The Cooper Temple Clause etwas unter (Eindruck: gesetzter als früher, aber musikalisch noch ambitionierter) und euphorisiert Owen Pallettaka Final Fantasyzu später Stunde diejenigen, die das Glück haben, ins voll besetzte Spiegelzelt zu kommen. Wie er virtuos seine Violine liebkost und loopt, sie sogar zur Erzeugung von elektronisch anmutenden Beats verwendet und Songs auf Zuruf lu.a. Burt Bacharachs „Close To Me“! covert, sorgt noch am nächsten Tag bei einem Zeltplatznachbarn für begeisterte Erzählungen für die draußen gebliebenen Freunde.
Samstags hat das Warten ein Ende. Die Sonne scheint. Und Islands sorgen mit ihrem vergueren Power-Pop prompt für leichtes Karibikfeeling, Gelächter ISänger Nick Diamonds“.unterhält‘ sich mit dem Publikum über ein Kindercassetten- gerät, über das er deutsche Staumeldungen und Kante ab- spielt] und herumfliegende Sägespäne (die vor der Bühne über den Matsch gelegt wurden). Fyfe Dangerfield gefällt als oberlehrerhafter, im Schaukelstuhl residierender Vorsitzen- der der atmosphärisch-hymnischen Weirdo-Popper Guille- mots, James Dean ßradfield den Zuschauern vor allem, als er mit „This Is Yesterday“ und „Ocean Spray‘ zwei Manics-Klas- siker im angenehm verschlankten Gewand präsentiert, und Neil Hannon als gewohnt charmanter Entertainer. Auch da- nach lohnt sich das Warten. The Twilight Singers haben tat- sächlich bei zwei Songs Mark Lanegan im Gepäck, und Kante mit einem extrem launigen Peter Thiessen ..Wo sind die Be- trunkenen? “ – Gegröle im Publikum -„.Ihr kommt nach vorne! Und die nicht Betrunkenen ouch!“l geben den unnachgiebigen und lauten Zelt-Rausschmeißer und neben den neuen „Rock“- Hits mit „Tourisme“ einen verträumten Song vom ersten Al- bum zum Besten. Danach bleibt nur noch das Warten aufs nächste Jahr.
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