Graham Coxon
Frustriert vom Britpop, der Musikindustrie und seiner Band verließ der Gitarrist Blur 2002. Seit der Reunion 2009 hat er seinen Frieden mit den Neunzigern gemacht.
Sie sind im Februar mit Blur bei den Brit Awards aufgetreten und als Band bei dieser Gelegenheit für Ihren außergewöhnlichen Beitrag zur Musik geehrt worden. Wie hat Ihnen der Abend gefallen?
Man hatte mal Gelegenheit, Adele, Rihanna und Ed Sheeran hautnah zu erleben. Leider war Adele dann nicht so begeistert, aber nun denn (Ihre Dankesrede wurde unterbrochen, damit Blur als Headliner der Show rechtzeitig ihr Set beginnen konnten – Anm. d. Red.). Für uns lief der Abend gut. So eine Auszeichnung ist ein Lob, darüber haben wir uns gefreut.
Die Auszeichnung hat auch mit Blurs Verdiensten während der Britpop-Jahre zu tun. Was denken Sie heute persönlich über Britpop?
Wir haben uns nie als Teil dieser Szene gesehen. Der Begriff war eine Erfindung von Journalisten. Sie meinten, unser „Popscene“ wäre eine Antwort auf die Dominanz des US-Rock zu dieser Zeit. Es gab noch ein paar andere Bands, von denen das auch behauptet wurde. Daraus wurde dann Britpop. Wir haben uns nie davon beeinflussen lassen und waren uns sicher, dass wir uns als Band unabhängig weiterentwickeln würden.
Ihr zweites Album Modern Life Is Rubbish war aber sehr britisch. Im Vergleich zum Debüt hatte sich viel geändert: Image, Musik, Texte.
Ja, das war aber das Ergebnis einer persönlichen Entwicklung. Bedenken Sie bitte, dass sich die Band nach Leisure gleich wieder neu definieren musste. Das Manchester-Baggy-Ding war durch und auf Tour in den USA wurden wir mit dieser riesigen Rock-Welle von dort konfrontiert. Unsere Überlegung ging damals dahin, es anders zu machen. Wir wollten näher an unsere englische Umgebung heran, darüber Geschichten erzählen. Damit ging aber kein Statement für oder gegen irgendetwas einher.
Warum hatten Sie so große Probleme mit den Britpop-Jahren?
Ich fand es furchtbar, dass alle Bands zusammengeworfen und gegeneinander ausgespielt wurden. Es gab tolle Bands damals, wie Oasis und Pulp. Sie wurden dann zu unseren Gegnern erklärt. Es wurde alles irre hochgekocht. Der Erfolg führte auch zu einem intensiven Arbeitsprozess. Es gab ständig Termine und Abgabedruck. Andere Leute blühen unter Stressbedingungen auf. Ich und die gesamte Band haben darunter gelitten.
Welche Blur-Platten gefallen Ihnen am besten?
Ich glaube nicht, dass Blur je eine schlechte Platte gemacht haben. Das finde ich ich angesichts des ganzen Drucks, unter dem wir standen, immer noch bemerkenswert. Modern Life Is Rubbish gefällt mir, weil da eine Menge Überschwang und Unschuld drin steckt. Blur ist toll. Ich hatte viele Ideen und wollte mehr mit dem Verzerrer arbeiten. 13 gefällt mir, weil ich da viel Improvisationsgeist im Studio hören kann.
Sie haben vor einem Jahr im britischen „NME“ erwähnt, dass Blur neues Material aufnehmen. Wie weit sind sie damit gekommen?
Nicht sehr weit. Es gab nur inoffizielle Treffen, bei denen wir Ideen ausgetauscht haben. Das war nichts Ernstes. Thomas Weiland
CD im ME S. 19, Albumkritik S.92