George Michael
"I Want Your Sex" war ein Stich ins Wespennest. Song und Video losten den sprichwörtlichen Sturm der Entrüstung aus, obwohl sich George Michael darin gerade für Treue und Monogamie engagiert. Warum er sich auch anderweitig mißverstanden fühlt, erläutert er ME/Sounds in einem offenen Gespräch.
ME/Sounds: Dein umstrittenes Video zu „I Want Your Sex“ sieht aus wie ein Werbespot für Sex. Sauber wie eine Milchreklame…
Michael: „Ja, sehr clean, sehr frisch. Das war Absicht. Ich wollte nicht, daß es schmierig wirkt, es sollte positiv sein. Anderenfalls hätte man den Song nämlich als äußerst aggressiv mißverstehen können.“
ME/Sounds: Wem gehört denn diese verdächtig ausgebeulte Hose auf dem Cover?
Michael: „Das ist eine Fotografie, die ich in einem Buch entdeckte – stammt also nicht aus dem Video. Und ich bin das auch nicht! Dann wäre die Ausbuchtung nämlich mit Sicherheit größer ausgefallen. Nein, es ist ein Mädchenkörper. Ich fand das Foto toll, gerade weil man nicht sofort erkennt, was es darstellt.“
ME/Sounds: Warst du dir eigentlich darüber im klaren, daß die Medien nun prompt versuchen würden, aus dit ein Sexmonster zu machen ?
Michael: „Klar doch! Genau das hab ich erwartet. Aber während es mich letztes Jahr noch persönlich verletzt hätte, wenn irgendwelche Lügen über mich verbreitet worden wären, läßt es mich heute kalt. Ich betrachte das inzwischen mit philosophischer Gelassenheit.“
ME/Sounds: Singst du eigentlich lieber von Sex, als es selbst zu tun?
Michael: „Meine Einstellung zum Sex hat sich geändert. Am Anfang meiner Karriere war ich reichlich flatterhaft (grinst). Ich war außerdem nicht besonders wählerisch und meistens mächtig betrunken. Dann gab es eine Phase, wo ich so argwöhnisch wurde, daß ich mit Sex einfach aufhörte. Zudem merkte ich, daß mir diese ständige Bumserei gar nichts brachte.
Logische Folge davon: Ich wollte eine feste und ernsthafte Beziehung. Und das, was ich will, hab ich nun mit Kathy, die ja bekanntlich im Video mitspielt. Ich weiß nicht, ob das die Beziehung ist, die nicht wieder von einer Serie von Affären abgelöst wird. Früher hab ich immer gedacht, ich müßte partout etwas Neues anfangen.
Das ist ja das Hauptmotiv für jede Promiskuität: Man kriegt Panik und denkt, man verpaßt irgend etwas. Da ist einer willig – und man nimmt halt an, daß man entweder mit dieser Person schlafen muß oder sie direkt wieder verlieren wird. Ich bin im Grunde monogam – und das Video sagt nichts anderes.“
ME/Sounds: Wie leicht oder schwer ist es, mit George Michael zusammenzuleben?
Michael: (grinst) „Ich glaube, jeder würde anfänglich seine Probleme mit mir haben. Ja, die Sache mit Kathy hat ihre Zeit gebraucht, besonders weil sie in Amerika lebt. In Beziehungen dieser Art muß – und das ist nicht leicht – der Beweis angetreten werden: Ich bin nicht mit dir zusammen, weil du ein Popstar bist. Über dieses Popstar-Ding haben wir während unserer ganzen Beziehung so intensiv geredet, daß ich diesbezüglich wirklich keine Ängste mehr habe.
Dennoch ist es sehr schwierig, mit mir auszukommen. Das hat einen einfachen Grund: Ich kann nicht besonders gut mit Menschen zusammenleben. Nach einer bestimmten Zeit muß ich mich einschließen und absondern können. Und wenn man ein Mensch ist. der dauernd die Nähe anderer braucht, dann kann man dieses Einzelgängertum kaum akzeptieren. Aber selbst das hat Kathy mittlerweile verstanden. Meine Freunde wohl auch. Es sieht aus, als sei ich sehr kühl Menschen gegenüber. Aber ich meine es nicht so.“
ME/Sounds: Hast du Kathy in Amerika kennengelernt?
Michael: „Ja. bei einer Fotosession war sie unsere Visagistin. Es hat etwas unglaublich Erotisches, wenn jemand in deinem Gesicht herummacht, wenn jemand dein Gesicht berührt. Ganz sanft. Wenn sie nicht gerade potthäßlich ist, dann verliebt man sich jedes Mal für 30 Minuten in die Make up-Visagistin.
Kathy jedoch – so sagte sie mir später – hat mich seinerzeit für ein ausgemachtes Arschloch gehalten. Das hängt damit zusammen, daß ich mich total verschließe, wenn ich arbeite. Indem ich kühl bin, versuche ich das Beste aus den Leuten herauszuholen. Meine Sorge ist. daß sie mich so sehen, wie ich eigentlich bin, nämlich weich. Darum baue ich so eine starke professionelle Barriere auf – mit dem Effekt, daß Kathy mich überhaupt nicht mochte. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, weil ich zwischen England und Amerika hin- und herpendelte. Bei solchen überseeischen Beziehungen denkt man: ‚Das ist sowieso lächerlich, denn wir sehen uns ja nie wieder‘ Aber überraschenderweise stellt man fest, daß plötzlich ihre und meine Pläne auf seltsame Weise zusammenpassen (lächelt). Und es endet damit, daß man sich gegenseitig um den Globus jagt.“
ME/Sounds: Songs wie „Everything She Wants“ beschreiben recht bittere Erfahrungen. Bist du jemals von einer Frau verletzt worden oder hast du eine Frau schon einmal verletzt?
Michael: „Die einzige Beziehung, wo ich etwas total Falsches gemacht habe, war die, die ich in ‚Careless Whisper‘ beschreibe. Und deswegen habe ich diesen Text auch nie besonders gemocht, denn mein einziges Gefühl zu jener Zeit war Schuld. Aber Schuldgefühle machen nicht traurig, sondern dumm.
Andererseits bin ich natürlich auch schon kräftig auf die Nase gefallen und verletzt worden. Das ist die Basis so mancher Texte. Egal, wieviel Zuneigung und Zutrauen dir andere Menschen geben – wenn die Person, auf die es ankommt, dir die Sympathie entzieht, dir die Sicherheit nimmt, dann bist du fertig.“
ME/Sounds: Es heißt, deine Ex-Freundin Pat Fernandez wolle ein Buch über dich schreiben und schmutzige Wäsche waschen…
Michael: „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Im Moment extremer Verbitterung hat sie sich halt dazu hinreißen lassen, in der Presse über mich herzuziehen. Die englischen Boulevard-Zeitungen sind manchmal wirklich skrupellos. Ich bin sicher, daß Pat bedauert, was sie da getan hat. Ich weiß es sogar. Traurig ist aber, daß Zeitungen es gleich ausschlachten, wenn sich Menschen – und sei es auch nur für kurze Zeit – öffentlich gehenlassen.“
ME/Sounds: Bist du jemals mit jemand ins Bett gegangen …
Michael: „Ins Bett?? Ich mach’s immer auf dem Boden oder im Kühlschrank. Nicht auf, sondern im Kühlschrank.“
ME/Sounds: … und hast festgestellt, daß du scheußliche Unterhosen anhast?
Michael „Nein. Aber manche Leute haben sich über mich lustig gemacht, weil ich die seltsame Angewohnheit habe, meine Unterhosen so ex“ wem hochzuziehen. Erinnere dich mal: Als kleiner Junge, als man noch von seiner Mutter angezogen wurde, hat sie da nicht immer die Unterhosen so hoch gezogen? Sie hat einen immer dann hochgehalten, so daß man mit den Füßen in der Luft baumelte. Meine Angewohnheit ist wohl ein Nachspiel davon. Aber solche großen Unterhosen habe ich schon des längeren nicht mehr angezogen. Ich trage die kleinen Dinger von Marks & Spencer, die nicht gar so schrecklich sind. Die Geschichte meiner Unterhosen verlief relativ normal. Nur ihre Position war dann und wann etwas komisch.“
ME/Sounds: Bist du in einer sexuell liberalen Atmosphäre aufgewachsen?
Michael: „Nein, nicht liberal oder freizügig, sondern sehr einseitig. Mein Vater ist Grieche. Ich hatte schon meine Freiheiten, meine Schwestern allerdings wuchsen sehr behütet auf. Mir hat man eigentlich nie etwas verboten. Ich konnte nächtelang wegbleiben und hatte dabei riesigen Spaß. Aber ich hatte richtige Schuldgefühle meinen Schwestern gegenüber. Denn obwohl sie älter waren als ich, mußten sie zu Hause rumhocken.
Über Sex haben meine Eltern nie mit mir gesprochen. Aber das war offensichtlich auch nicht nötig. Ich war ganz helle, und es gab kaum etwas, was man in den Schulpausen nicht lernte. Ich kann mich nicht erinnern, daß ich irgendwo eine gravierende Wissenslücke gehabt hätte. Oder daß ich dachte: ‚Soll ich Mama oder Papa fragen?‘ Seit meiner frühesten Kindheit hatte ich eine Vorstellung davon, wie das geht. Ich kann mich auch an sexuelle Erfahrungen erinnern.“
ME/Sounds: Hast du einen immer wiederkehrenden Traum?
Michael: „Als Kind schon. Einer dieser Träume war richtig toll. Der Traum spielte in den Sechzigern. Ich spazierte über ein riesengroßes Feld, einen großen grünen Rasen, in dessen Mitte ein großer Turm stand – ähnlich dem, den sie für die Münchner Olympiade gebaut haben. Ein hoher, riesiger Stachel aus Beton mit einem runden Etwas an der Spitze …“
ME/Sounds: Muß wohl die Assoziation von einem Penis sein…?
Michael: „Ja, das klingt echt nach Phallussymbol, nicht wahr? Jedenfalls waren da zwei Aufzüge, die sich automatisch öffneten. Sehr à la ,Star Trek‘. Ich ging in einen dieser Lifte, sauste nach oben – und als sich die Türen öffneten, sah ich nichts als blauen Himmel. Dann sah ich hinunter auf den Rasen und fiel hinab. Aber jedesmal bin ich erwacht, bevor ich unten ankam.“
ME/Sounds: Hast du dich im Laufe der letzten Jahre sehr verändert?
Michael: „Letztes Jahr hatte ich zuviel Freizeit. Ich stolperte ein bißchen herum. Okay, ich hatte eine gute Zeit und ließ mich einfach treiben. Aber irgendwann verlor ich mein Ziel aus den Augen. Ich wußte nicht mehr, wie sehr ich auf meine Karriere stand, was ich am besten konnte und wie glücklich ich über das Erreichte war.
Dann eines Morgens wachte ich auf – und diese Rumhängerei hatte ein Ende. Wie nach einem Fingerschnippen. Ich weiß nicht, warum. Plötzlich begriff ich. wie selbstbezogen ich gewesen war, wie selbstverliebt und – wehleidig. Ich gab mir selbst einen kräftigen Tritt in den Arsch. Seit diesem Moment geht’s mir gold. Seit dem ersten Erfolg von Wham! habe ich mich nie wieder so gut gefühlt.“
ME/Sounds: Du hast letztes Jahr lange Zeit in Amerika verbracht. Was war der Grund?
Michael: „Auch dort habe ich in der Hauptsache rumgehangen, bin viel ausgegangen und wurde zusehends fetter. Aber nochmal – ich hatte eine tolle Zeit, ganz bestimmt! Aber wenn so etwas zum Lebensinhalt wird, dann muß man selbst einen Schlußstrich ziehen.“
ME/Sounds: Du scheinst sehr vernünftig zu sein in Bezug auf das, was George Michael kann und nicht kann. Stimmt dieser Eindruck?
Michael: „Jeder Popstar, den ich getroffen habe, scheint seine Karriere auf eine emotionale Unsicherheit oder Verklemmtheit aufgebaut zu haben. Auch mein Wunsch, erfolgreich zu werden, beruht letztendlich auf Unsicherheit, auf Komplexen.
Das hat sich inzwischen verlagert: Es geht mir heute um Erfolg in musikalischer Hinsicht. Allerdings habe ich erst kürzlich erkannt, was ich alles aus mir herausholen kann, um geistige und körperliche Komplexe zu überwinden. Mit anderen Worten: Ich weiß, daß ich nicht so gut aussehe wie die meisten Popstars. Aber andererseits kann ich Dinge, die vom rein Äußerlichen ablenken. Solange man diese Wirkung erzielt, kann man sich auf sein Talent zum Popstar getrost verlassen. Man lernt, daß diese Fähigkeit im Grunde wertvoller ist als die, nur gut auszusehen.“
ME/Sounds: Heißt das, Stars wie Mick Kamen oder Patsy Kensit – die Platten machen konnten, nur weil sie gut aussehen – sind auf dem falschen Dampfer?
Michael: „Tja, gutes Aussehen scheint im Moment deren Haupttugend zu sein. Und um ehrlich zu sein: Ich glaube nicht, daß Nick Kamen sich auf lange Sicht durchsetzen wird. Und Patsy hat auch so ihre Probleme.
Wham! und Duran haben den Weg geebnet für Gruppen, die sehr aufs Visuelle bauen. Leider hat das musikalische Können im gleichen Maße abgenommen. Darum waren zeitweise auch die Plattenabsätze rückläufig. Aber auch das wird sich wieder ändern. Ich hoffe, diese Phase dauert nicht allzu lange.“
ME/Sounds: Gibt es irgendwen oder irgendetwas in den Hitparaden, was deinen Arger erregt?
Michael: „Hm, ich kann nicht gerade behaupten, daß mir 1986 und 1987 in puneto Charts besonders gefallen haben. Was mich nervt, sind all diese Wiederveröffentlichungen und all die Zeil und das Geld, das auf Gruppen verwendet wird die im Schnitt so alt sind wie die Bosse der Schallplattenfirmen. Nimm nur Genesis. Das ist ein trauriger Zustand. Auch wenn die Leute behaupten, das tue keinem weh, verschwenden Plattenfirmen und Radiostationen kostbare Zeit. Jede Sendeminute, jeder Fernsehauftritt, jeder Vertrag kann für eine neue Band von unschätzbarem Wert sein.
Wenn sie keine dieser Chancen kriegen aufgrund irgendeiner Wiederveröffentlichung, dann sehe ich für die Zukunft der Popmusik schwarz.“
ME/Sounds: Was wäre dir lieber: Ein Mitglied der Beastie Boys oder eins von Englands Skandalgruppe Zodiac Mindwarp zu sein?
Michael: „Um ehrlich zu sein: Ich möchte zu keiner dieser Bands gehören. Die Beastie Boys haben gut lachen zur Zeit und auch Zodiac ist ganz amüsant. Was mich an den Beasties ein bißchen stört, ist die Leichtigkeit, mit der sie die Presse einwickeln. Wenn hochgestreckte Mittelfinger ausreichen, um aufs Titelbild zu kommen, dann erscheint mir das zu einfach, zu platt. Wenn man nicht mehr Phantasie braucht, um die Leute heutzutage aus der Reserve zu locken, dann gute Nacht. Trotzdem sollen sie damit jede Menge Geld verdienen. Ich wünsche ihnen viel Glück.“
ME/Sounds: Bist oder warst du religiös?
Michael: „Nein. Die Frage wird mir immer wieder gestellt. Höchstwahrscheinlich, weil ich das Kreuz im Ohr trage. Meine Mutter hat auch was dagegen, daß ich das tue.
Bis vor kurzem habe ich mich als Atheisten bezeichnet. Doch in den letzten Monaten hat sich meine Einstellung zu diesen Dingen grundlegend geändert. Ich glaube inzwischen weitaus eher an Kategorien wie ,gut‘ oder .böse‘. Ich bin wohl auf dem Weg zu irgendeiner Art von Glauben. Aber ich weiß nicht, wohin dieser Weg führen wird.“
ME/Sounds: Hast du einen Hang zum Buddhismus, weil du dich im Grunde – wie dort gefordert – nur auf dich selbst verläßt?
Michael: „Die buddhistische Religion ist gewiß eine der konstruktivsten Glaubenslehren, die ich kennengelernt habe. Aber dennoch habe ich keine konkreten religiösen Bedürfnisse und werde mich wohl auch niemals dem Buddhismus zurechnen lassen.
Aber es gibt Dinge in meinem Leben, die ich jetzt weitaus besser verstehe als früher. Eine Sache, die in den letzten beiden Jahren bei mir völlig schief lief, war folgende: Ich versuchte verzweifelt, ein normales Dasein zu führen. Aufgerieben zwischen musikalischen und persönlichen Wünschen, suchte ich Schutz in einer Art Normalität. Ich wollte so sein wie alle anderen. Das war mehr als dumm. Denn dadurch habe ich all die positiven Dinge meiner Arbeit ignoriert.
Außerdem habe ich meine Gesundheit und die der Menschen, die ich liebe, einfach als gegeben angesehen. Dann wurde meine Schwester Yoda sehr krank; sie schwebte zwei Wochen in Lebensgefahr. Und ich konnte überhaupt nichts tun. Ich erinnere mich, daß ich damals wirklich alles aufgegeben hätte, nur damit es ihr wieder besser geht. Glücklicherweise hat sie sich dann erholt. Dieser Vorfall hat meine Einstellung zu vielen Dingen grundlegend geändert.“
ME/Sounds: Hast du mehr Angst vor deinem Tod oder vor dem Ableben der Menschen, die du liebst?
Michael: „Ich habe viel mehr Angst vor letzterem. Das gilt aber, glaube ich, generell für alle Menschen. Ich habe die seltsame Vorahnung, daß ich selbst nicht besonders alt werde. Dieses Gefühl hatte ich schon immer.
Aber ich habe andererseits auch keine Angst vor dem Alter oder dem Älterwerden. Denn – mein Gott – ich habe schon soviel in meinem Leben gemacht und ich hatte so viele Freiheiten, Freiheiten, die andere ihr ganzes Leben nicht haben – wovor sollte ich also Angst haben?“
ME/Sounds: Nochmals zurück zu unserem Ausgangsthema: Warst du jemals in einem Sex Shop?
Michael: „Hm, klar doch. Als ich 16 war, bin ich mit meinem Vetter in so einen Laden gegangen. Aber gekauft habe ich nichts. Irgendwie hat uns der Mut verlassen.“
ME/Sounds: Hast du denn irgendwann schon einmal Pornohefte gekauft?
Michael: „Nein. Komischerweise habe ich Pornographie niemals auch nur andeutungsweise erotisch gefunden. Es gibt wohl einige Pornofilme, die ganz erotisch sind, wenn sie geschmackvoll gemacht werden. Aber die besagten Magazine, die nur Fotos enthalten, fand ich vollkommen unerotisch. Da regt sich nichts bei mir. Bei meinem alten Partner Andrew ist das ganz anders: Er verschlingt diese Hefte und läuft dann ganz heiß.“
ME/Sounds: Hast du selbst als Teenager kein Idol gehabt, das für dich den personifizierten Sex darstellte?
Michael: „Ich hatte mal ein Poster von Farrah Fawcett-Majors. Das, was jeder hatte, das, wo die Brustwarzen durchs T-Shirt zu sehen waren (lacht). Das hing am Fußende von meinem Bett und eine Zeitlang auch an der Decke. Farrah hatte etwas entschieden Mütterliches. Darum hatte sie wohl so eine Anziehungskraft auf Jungs. Wenn ich 18 oder 19 gewesen wäre, hätte ich sie vermutlich langweilig gefunden.“
ME/Sounds: Wo beginnt für dich Pornographie?
Michael: „Immer dort, wo man Nacktheit ohne Sinnlichkeit darstellt. Pornographisch ist für mich auch all das, was aggressiv, nur voyeuristisch oder schlicht langweilig ist. Mal abgesehen von den wirklich aggressiven Darstellungen finde ich Pornographie ungeheuer harmlos. Was ich wirklich seltsam finde, ist die Tatsache, daß Sex immer noch tabuisiert wird, während Gewaltdarstellungen – selbst in Filmen wie ‚Beverly Hills Cop II‘ – allem Anschein nach akzeptiert werden. Das ist unglaublich gefährlich.“
ME/Sounds: Apropos „Beverly Hills Cop II“ – wird „I Want Your Sex“ nicht in einer dieser anzüglichen Sequenzen des Films eingesetzt?
Michael: „Ja, das hat mich auch gewundert, als ich den Film kürzlich gesehen habe. Wegen der ganzen AIDS-Sache hat Eddie Murphy laut Skript dieses Mal überhaupt kein romantisches Abenteuer. Keine Rede von Sex. Alles absolut puritanisch – abgesehen von der Szene in der Striptease-Bar, wo man meinen Song auch benutzt hat. Von meiner Warte aus betrachtet, das Schlimmste, was sie tun konnten.
Wie gesagt, die einzigen Szenen, wo’s um Sex geht, spielen in dieser Strip-Bar und in einer Playboy-Niederlassung mit jeder Menge ‚Häschen“. Aber das ist genau der falsche Weg. Damit verbannt man Sex. drängt ihn ab in die schmierigen Bereiche. So geht das meiner Ansicht nach überhaupt nicht. Man sollte viel eher die Beziehungsseite am Sex betonen.“