Generation Trouble im Writers’ Room: Paulas Popwoche im Überblick
Paula Irmschler über die Arctic Monkeys, Post Malone, Anastacia, James Corden und Writers Strike.
Phänomen der Woche: Gen Z und die Arctic Monkeys
Kennt ihr das, ihr habt durch Filme, Serien, Internet und so weiter so viele Retro-Impressions, dass ihr sie gar nicht mehr von eurer eigenen Biographie unterscheiden könnt? Ich höre „There is a Party“ von DJ Bobo, es ist plötzlich 1997 oder so, ich schmecke irgendwelche Schnüre im Maul und bin an irgendeinem Strand in Italien mit meiner Familie, die BRAVOS fliegen nur so rum, die Tamagotchis bimmeln, meine Baby-G wird auf Wasserfestigkeit getestet, es riecht nach Grill, Chlor, Vanilla, was weiß ich denn. Ich habe das so kaum erlebt, es war fast alles ganz anders, ich war vor zwei Jahren das erste Mal in Italien, aber ich denke trotzdem bei 90s-Songs voll oft: Hach, meine geile 90s Kindheit.
So geht es den Gen-Z-Leuten auch und bei ihnen scheint es noch verwirrender zu sein, sie haben noch paar mehr Jahrzehnte zu verklären und dabei gerät einiges durcheinander, es sind keine Grenzen gesetzt. Zum Beispiel wird sich nach dem Jahr 2014 zurückgesehnt, das aber klamottentechnisch mit 2007 verwechselt wird. Es werden Songs, die gerade mal paar Jahre alt sind in die angeblich vergangene, goldene Ära der Musik verortet (die irgendwie diffus ewig her sein muss), wird „Do I Wanna Know?“ (zehn Jahre alt) von den Arctic Monkeys als Rockklassiker abgekultet wie zuvor nur Zeugs von den Beatles. Ich finde das super, es gerät alles durcheinander, was eh nie gut zu trennen war, was eh nie in geradlinigen Bahnen verlief. Und die Arctic Monkeys selbst sind ja auch Retro-Fantasten, collagieren und erfinden Vergangenes seit jeher, es soll also alles so sein. Nicht zuletzt waren sie auch immer ein Internetphänomen. Von MySpace zu TikTok – die offensichtlich jung gebliebenste Band der Welt. Auf TikTok machten dann im vergangenen Jahr auch noch Sped-up-Versionen von „505“ ihre 505 Runden – und spätestens damit erklärt sich der erstaunlich niedrige Altersdurchschnitt beim Monkeys-Konzert am Montag in Frankfurt.
Also, ich hab nicht viel gegen Sped-up-Versionen … eigentlich … aber das hier ist schon tough.
Süß der Woche: Post Malone
Dass ich eine Schwäche für Post Malone habe, hab‘ ich hier schon paar mal „zu Protokoll“ gegeben und es wird wohl nicht besser werden, wenn er ständig einen drauflegt. Vergangene Woche ist er in Köln aufgetreten und hat sich einen deutschen Superstar auf die Bühne geholt. Ihr „ahnt“ es bereits, genau, es war Apache 207. Und wie Post Malone auf diesen Auftritt reagiert, ist viel zu niedlich. Er feiert Apache total ab, scheint ziemlich überrascht zu sein und wahrscheinlich auch besoffen. Einmal so von Posty angeschaut werden wie dieser Depp Apache, seeeeufz.
Cover der Woche: Anastacia
Also, ihr müsst jetzt noch mal stark sein. Ja, noch stärker als bei der Sped-up-Version von „505“. Anastacia, DIE Anastacia bringt ein Album raus, auf dem sie deutsche Songs covert. „Our Songs“ soll es heißen und kommt im September raus. OUR SONGS? UNSERE SONGS? Du meine Güte. Unangenehm und dennoch total logisch. Schließlich ist Anastacia schon immer der interessantere Grönemeyer gewesen. Hat ihr wahrscheinlich das Label so empfohlen, weil sie in Deutschland so viele Fans hat und die Deutschen lieben es, wenn jemand was Deutsches nachmacht. Und ultradeutsch geht es direkt los, und auch einigermaßen super, es wird direkt viel besser als das Original, haltet euch jetzt verfickt nochmal fest bitte. Der erste Coversong ist kein geringerer als … Nein, stop. Ihr sollt das wirklich selber herausfinden, hören, erfahren. Ich kann euch diesen Moment nicht rauben. Bitte:
Abschied der Woche: James Corden
Der knuffige Talkshow-Host James Corden moderierte vor zwei Wochen seine letzte „Late Late Show“. Sie war wieder einigermaßen gut, man sah viele Männer, es wurde gelacht, geweint. Der Grund für das Ende: Corden will zurück nach England, um mehr Zeit mit seiner Familie verbringen zu können. Viel Spaß! Vermissen werden wir vor allem Carpool-Karaoke, eine der besten Popformate, das es je gab. In der letzten Folge fuhr Corden nochmal mit Adele rum, es ist bezaubernd und zum Heulen.
Auch schön war der Sketch mit all den anderen Late-Night-Hosts (Colbert, Kimmel, Meyers, Noah, Letterman, Fallon) die sich bei Corden verabschiedeten. Achtung: Es regnet Männer.
Außerdem wurde noch ein Rückblick produziert, der sehr sehenswert ist. Und auch ein bisschen ernüchternd, wenn man sich nochmal zu Gemüte führt, wie in dieser Männer-Late-Night-Welt sogar lieber ein ziemlich unbekannter Brite rangekarrt wurde, um die „Late Late Show“ zu übernehmen, statt auf eine der Frauen aus dem Umfeld zurückgreifen zu müssen. Mögen noch viele dieser Shows fallen, auf dass sie endlich mal neu aufgestellt werden. So lustig es auch war.
Streik der Woche: Writers Strike
Egal, wer vorn auf der Bühne sitzt: All diese Late-Night-Shows wären nichts ohne die Autor:innen, die sie schreiben. Und genau die sind nun im Streik, genau wie Autor:innen für Serien und Filme. Insbesondere die Arbeitsbedingungen bei den Streamingservices haben die Differenzen zwischen WGA (Writers Guild of America) und AMPTP (Alliance of Motion Picture and Television Producers) verschärft. Schließlich sind die letzten Vertragsänderungen von 2008 – sie folgten auf einen 100 Tage andauernden Streik – und seitdem hat sich sehr viel verändert. Die zentralen Forderungen beziehen sich auf höhere Tantiemen, Autor:innenquoten in Writers’ Rooms und Schutz vor KI-Konkurrenz.
Solidarisch zeigen sich seitdem auch Schauspieler:innen und natürlich auch die Late-Night-Jungs.
Genauestens auf den Punkt brachte es Amanda Seyfried:
Was bisher geschah? Hier alle Popkolumnentexte im Überblick.