Fünf, die fehlten
Nach unserer Jury hat nun der Leser das Wort: Geht es nach ihm, müssen die 100 Helden des Rock um fünf Musiker ergänzt werden, die in der Liste von ME fehlten.
Björk
Artistin aus dem Eis
Erst kam der Krach, dann die Kultur. Mit den Sugarcubes ließ die Isländerin noch die Sau raus, mit ihrem Solodebüt verführte sie dann Europa zum Tanzen und die Kritiker zu Lobeshymnen. Der gewagte Spagat zwischen entrückter Avantgarde, experimentellem Elektropop und zwingender Tanzbarkeit ist nicht zuletzt Björks zahlreichen Unternehmungen mit kreativen Freigeistern wie Tricky oder Goldie zu verdanken. Daß ihre eigenen Talente aber auch nicht zu unterschätzen sind, bewies die vielseitige Sängerin mit meisterlichen Alben wie „Post“ und „Homogenic“. Beides Platten, die für die Zukunft noch einiges erhoffen lassen.
Noel Gallagher
Britpopper par excellence
Eigentlich läßt Noel Gallagher nie daran zweifeln, daß der Erfolg von Oasis ihm zu verdanken ist. Denn was als bierselige Arbeiterband begonnen hatte, wuchs erst durch Zutun des Songwriters Gallagher zum stadionfüllenden Spektakel heran. Bereits mit acht Jahren war das Interesse des kleinen Noel an der Gitarre erwacht, und obwohl er sich im Notenlesen bis heute schwer tut, gibt Gallagher die musikalische Führung von Oasis nicht aus der Hand. Denn ist nicht er derjenige, der mit euphorischen Melodien und tönenden Beatles-Zitaten der britischen Popmusik zu neuer Blüte verhalf?
Trent Reznor
Brachialer Bastler
„Head Like A Hole“ markierte den Beginn der Karriere von Trent Reznor. Ausgehend vom klassischen Klavier, übernahm der eigenwillige Musiker später die üblichen Studiojobs, bevor er auf seiner Entdekkungsreise auf die Musik früher Industrialformationen wie Front 242 stieß. Eine Richtung, die der Querkopf aus Pennsylvania mit musikalischer Brachialgewalt vorantrieb. Unter dem Namen Nine Inch Nails veröffentlichte Reznor zwei wegweisende Alben, auf denen er wüste Gitarrenorgien mit bombastischen Synthieklängen vermischte. Seitdem arbeitet Reznor mehr im verborgenen und stellt sein Talent in den Dienst von Kollegen wie beispielsweise David Bowie.
Michael Stipe
Songwriter mit sozialem Gewissen
Bereits seit 1983 ist die Galionsfigur des etablierten College-Rock das Gewissen der Popmusik. So macht Michael Stipe zuweilen weniger als kreativer Kopf von R.E.M., Amerikas meistkopierter Band, von sich reden, sondern mehr noch als sozialpolitischer Denker. Daß darunter das gleichbleibend hohe Niveau der zahlreichen R.E.M.- Alben nicht zu leiden hatte, ist dem Mann aus Athens/Georgia ebenso hoch anzurechnen wie seine Vorbildfunktion für eine Vielzahl von hoffnungsvollen Independent-Rockem. Dennoch kamen klassische R.E.M.-Songs wie „Losing My Religion“ dem Zeitgeist oftmals bedeutend näher als alle halbherzigen Versuche des breitgefächerten Verfolgerfeldes von Stipe & Co.
Charismatischer Könner
Obwohl er hinter Grunge-Gott Kurt Cobain nur die zweite Geige spielen durfte, gelang es dem Frontmann von Pearl Jam immer,für ausreichend Publicity zu sorgen. War Vedders Verhalten der Presse gegenüber äußerst distanziert, so schien der charismatische Sänger auf der Bühne regelrecht zu explodieren. Der waghalsige Balanceakt auf meterhohen Lautsprechertürmen gehörte ebenso zum Auftritt des Exzentrikers Vedder wie sein kehliger Gesang, der die Single „Alive“ in den Hitparaden weit nach vorn brachte. Mit dem Ende des Grunge aber legte sich auch der Rummel um Pearl Jam. Was Vedder und die Seinen jedoch nicht davon abhalten konnte, weiterhin an zeitlos schönen Songperlen zu feilen.