FOUR TO THE FLOOR!


1 Solina String Ensemble

Für Philly- und frühen Disco-Sound wie Van McCoys „Do The Hustle“ absolut unverzichtbar: ein Himmel voller Geigen. Bei teuren Produktionen ließ man Kleingruppen von Studiomusikern antanzen, war das Budget begrenzt, orchestrierte man aus einzelnen Geigenspuren mittels Overdubs komplette Streichensembles – dank verbreiteter 16-Spur-Technik kein Problem. Noch preiswerter und mit weniger Fummelei verbunden: mehrstimmige Streicherklänge aus dem Solina String Ensemble, einem 1974 vorgestellten Keyboard der niederländischen Firma Eminent, das angemessen sphärisch klingende Geigenteppiche ausrollte. Die dazugehörige Ansage an den Tastenmann: „Mach mal Fläche!“ Das Solina String Ensemble wurde von der US-Firma ARP übernommen, weiterentwickelt und bis in die frühen Achtzigerjahre produziert. Dann zogen ihm digitale Synthies den Stecker.

2 Musitronics Mu-Tron III

Die korrekte Bezeichnung „Envelope Filter“ sorgt für Stirnrunzeln, mit „Auto-Wah“ kommt etwas mehr Licht ins Dunkel: Das Mu-Tron III aus den frühen Siebzigern war eine automatisierte Version des Wah-Wah-Pedals, hob also gleichzeitig einen Frequenzbereich an, während es den anderen absenkte – ein Effekt, den man lautmalerisch mit „Wah-Wah“ wiedergeben konnte. Doch die MuTron-Tretmine war dank diverser Filter und eines „Rückwärts“-Effekts auch dazu imstande, richtig kranke Sounds zu produzieren und noch dazu erstaunlich vielseitig: Bootsy Collins von Funkadelic ließ seinen Bass darüber laufen, Stevie Wonder auf „Higher Ground“ sein Clavinet-Keyboard – und für zahllose Gitarristen der Disco-Ära sorgte das Mu-Tron III für den extrem drahtigen, funky Rhythmusgitarrensound. Originale Geräte aus den Siebzigern sind heute gesuchte Sammlerstücke – und entsprechend teuer.

3 Electro Harmonix Electric Mistress

Das nachvollziehbare Bestreben, Disco-Sounds möglichst „spacig“ klingen zu lassen, führte damalige Produzenten zu einem seit den Fünfzigerjahren bekannten Effekt, später „Flanging“ genannt – nachzuhören auf Donna Summers „I Feel Love“. In der Urform liefen dafür zwei Tonbänder mit dem gleichen Signal ab, von denen eines manuell minimal abgebremst wurde – die folgende Überlagerung beider Signale sorgte anschließend für seltsam wandernde Laufzeiten-und Tonhöhenschwankungen. Ein beliebter Effekt in der Psychedelic-Ära, damals wurde natürlich noch per Band manipuliert. Doch 1976 stellte die US-Firma Electro Harmonix die Electric Mistress vor, den ersten Flanger in Form eines Bodeneffektgeräts. Ein revolutionäres Teil, bei Space-Rockern ebenso beliebt wie in der Diskothek. Die noch bessere Studio-Alternative war der Instant Flanger FL-201 von Eventide, ebenfalls 1976 vorgestellt.

4 Simmons Clap Trap

Gehört zu einem Disco-Song wie die Butter zum Brot: animierendes Klatschen, neudeutsch Handclap. Bis Ende der Siebziger wurde im Studio noch ganz trivial von Hand rhythmisiert, häufig in Kleingruppen. Für den Briten Dave Simmons ein unhaltbarer Zustand. Der Entwickler von elektronischen Schlagzeugen konstruierte 1979 mit dem MusicAid Clap Trap einen einfach zu bedienenden Klatschgenerator. Zeitgenössische Spötter meinten zwar, er habe einen an der Klatsche, denn den sinngemäßen Gebrauch der Handflächen beherrsche schließlich jedes Kind, zudem sei der Aufwand im Studio überschaubar. Doch der Erfolg gab Simmons recht: Clap Trap entwickelte sich zum Bestseller. Das Mark-II-Modell überraschte mit einem zuschaltbaren Humanizer, der mittels kleiner Abweichungen einen Maschinenbeat mit menschlichem Touch produzierte. Die dritte Auflage von 1984 klatschte bereits digital, heute gibt’s den Clap-Trap-Sound als App.

5 Roland Compu-Rhythm CR-78

Sogenannte Rhythmusmaschinen wurden in den Siebzigerjahren bereits in Heimorgeln verbaut, zumeist ausgesprochen primitive Dinger, die mit regelbarem Tempo und Presets der Marke „Rumba“, „Tango“ oder „Walzer“ arbeiteten. Für Alleinunterhalter im Seniorenheim ganz okay, darüber hinaus: lieber nicht. Rolands analoger Compu-Rhythm CR-78 folgte 1978 dem grundsätzlich selben Prinzip, klang aber bei Weitem nicht so unterernährt und hatte zudem neben „Samba“, „Bossa“, vier „Rock“-Variationen und allerlei mehr auch zwei gelbe Tasten, über denen „Disco 1“ und „Disco 2“ stand: Four-To-The-Floor, der mittels einigen Reglern manipuliert und sogar abgespeichert werden konnte. Hörbeispiel: Blondie drückten bei „Heart Of Glass“ auf Gelb.

6 Fender Jazz Bass

Eines vorweg: „Den“ klassischen Disco-Bass gibt es nicht, zum Einsatz kam so ziemlich alles, was vier Saiten hatte, auf der Bühne auch gerne in extravaganter Form und mit Glitzerlack. Eine Tendenz lässt sich aber feststellen: Der weiche, warme Bass, für Disco-Klänge in den Siebzigern eminent wichtig, ließ sich damals am besten mit einem Fender Jazz Bass erzeugen. Zeitgenössische Konkurrenz wie der tendenziell knorrigere Precision Bass aus dem gleichen Hause oder der eher drahtig klingende Rickenbacker 4001 waren in der Rockwelt besser aufgehoben.

7 Hohner Clavinet D6

Die Glamourwelt der Disco-Ära assoziiert man nur im Ausnahmefall mit dem Ort Trossingen, Landkreis Tuttlingen, Baden-Württemberg. Aber hier, beim Instrumentenbauer Hohner (of Akkordeon-Fame), entstand 1964 das erste Clavinet, laut Erbauer ein „elektrisches Clavichord“. Also ein elektromechanisches Tasteninstrument, bei dem Saiten angeschlagen werden, deren Signale mittels Tonabnehmer aufgenommen und dann verstärkt werden können. Der nasale, funky Sound des ständig weiterentwickelten Clavinets prädestinierte es für Discomusik und Artverwandtes, einer der eifrigsten Nutzer war Stevie Wonder, doch auch auf Tina Turners „Nutbush City Limits“ ist ein Clavinet zu hören. Weitere User waren die Bee Gees, Earth Wind And Fire und Kool And The Gang. Zur Opulenz neigende Produzenten doppelten oder konterkarierten drahtige Clavinet-Sounds gerne mit warmen E-Piano-Klängen aus dem Fender Rhodes und dem Wurlitzer Electric Piano. Ein netter Kontrast.