Eurovision Song Contest 2020: Ungarn sagt ESC-Teilnahme ab
Ungarn hat sich aus dem Eurovision Song Contest zurückgezogen – Gerüchten zufolge, weil der ESC für die rechten Führer des Landes „zu schwul“ sei.
Seit 2011 gehörte Ungarn regelmäßig zu den teilnehmenden Ländern beim Eurovision Song Contest. Und das durchaus erfolgreich. Außer im vergangenen Jahr schafften die Ungaren stets den Sprung ins Finale. Der nächste Eurovision Song Contest wird ohne ungarische Beteiligung stattfinden. Die staatliche ungarische Medienholding „MTVA“ begründete diesen Schritt am Donnerstag mit einer „fachlichen Entscheidung“. Der Grund könnte allerdings auch ein anderer sein.
Wie die britische Tageszeitung „The Guardian“ herausgefunden haben will, soll unter anderem die Homophobie der Regierung um Ministerpräsident Viktor Orbán dahinterstecken.
Eine nicht namentlich genannte Quelle aus dem ungarischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk „MTVA“ bestätigte demnach gegenüber dem „Guardian“, dass intern kein Grund für die Entscheidung, sich aus dem Wettbewerb zurückzuziehen, mitgeteilt worden sei. Die Mitarbeiter nähmen jedoch an, dass die Verbindung des ESCs zur LGBTQ-Kultur hinter dem Schritt stecke.
„Ich war nicht überrascht“, wird die Quelle zitiert. Von einer positiven Berichterstattung über queere Themen sei der Medienholding generell abgeraten worden.
„MTVA“ wies den Vorwurf der Homophobie allerdings umgehend zurück. Als offizielle Begründung teilte „MTVA“ mit, dass man statt der Teilnahme am ESC, „die Talente der ungarischen Musik und die von diesen hervorgebrachten wertschaffenden Produktionen“ lieber auf direktem Wege fördern wolle.
Weiter schrieb „MTVA“ nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur „MTI“: „Diese auf sexuelle Orientierungen verweisenden Medienmeinungen verletzen die Menschenwürde, die ethischen Normen der Presse und den Rechtsstaat. Allerdings kommt die Frage auf, warum die entsprechenden Medien sich für solch eine Berichterstattung entschieden haben.“
Hintergrund der Homophobie-Vorwürfe war eine Aussage des regierungsnahen Journalisten Andras Bencsik über den Eurovision Song Contest. Die jährlich stattfindende Veranstaltung sei eine „homosexuelle Flottenparade“, sagte er in einer Talkshow des Privatsenders „HirT“.
„Kreischende Transvestiten und bärtige Frauen“ hätten beim ESC „den Geschmack des Publikums verwüstet“, so Bencsik weiter. Damit spielt er auf den Sieg von Conchita Wurst an, die 2014 im goldenen Abendkleid und mit Vollbart den ESC in Kopenhagen gewann und seither eines der leuchtenden Beispiele für die Toleranz des Wettbewerbs ist. Es könnte wohl genau diese Toleranz sien, die Ungarns Regierung stört.
Ungarn nimmt seit 1994 am ESC teil. Größter ungarischer ESC-Erfolg der vergangenen zehn Jahre war 2014 Platz fünf mit dem Lied „Running“, das Andras Kallay-Saunders darbot.
2020 findet der Eurovision Song Contest in den Niederlanden statt, konkret vom 12. bis 16. Mai in der Ahoy-Arena in Rotterdam. Und das hoffentlich so bunt wie eh und je.