Ein schüchterner Riese


Electric Soft Parade: Ach, was böte das Duo aus Brighton an Gesprächsthemen … Da wäre ihr für Popstars außerhalb der Casting-Mühle ungewöhnlich junges Lebensalter (19 bzw. 21), zudem sind sie Brüder und haben vor zwei Jahren ein prächtiges Debütalbum gemacht. Im Augenblick zählt aber nur ihr neues Werk, the american adventure heißt es, und Schlagzeuger Tom White stellt klar: „Wir sind keine politische Band und auch keine, die jetzt plötzlich so tut als ob. Seine Augen sagen Travis, sein Mund sagt nichts weiter, und die Platte, nun ja, die kann selber sprechen. Sie erzählt in 35 Minuten viel davon, was britischer Pop heute will, und ist weder Innovation noch Stillstand. Oder, wie es Sänger Alex White ausdrückt: „Sie ist zehnmal besser als woi.es in the wall, viel konzentrierter und reflektierter, wir hatten Zeit und erstmals die Gelassenheit, sie uns zu nehmen. “ Das bestätigen die Songs mit sorgsam dosierten Mengen Verrücktheit und Melodiekitzel, scheinbar mühelos arrangiert. Die Parade schaukelt orgelnd, dudelnd, klimpernd durch die Gitarrenpfade, nimmt auch mal Schifferklavier und Cello zur Hand. Eine Handvoll Gastmusiker gab der multiinstrumentalen Zweisamkeit eine Atmosphäre schwebender Größe. An Elbow erinnert das manchmal, wenn man will. Phantasie ist keine grelle chemische Zutat, sondern natürlicher Inhaltsstoff-und geht auch mal mit Tom durch, wenn er etwa auf die Frage nach dem Charakter der Platte fabuliert: „Sie ist wie ein Riese, der aus der Einsamkeit seines Waldes eines Tages in die Stadt aufbricht, wo die Menschen erst Angst vor ihm haben, dann aber merken: Es ist ein gutmütiger, schüchterner Riese. „Dieser Riese hat Arme wie „Wrongest Thing In Town“, die möglicherweise in die Charts reichen, zumindest aber Eingeweihten intensiv die Seele streicheln werden, Beine wie das kompakte „Lights Out , auf denen er sicher steht. Und diese Arme und Beine gehören zusammen, zu einem Körper und, hurra, einem Kopf.