Dread Zeppelin
Putmon, der hagere Blonde im Tarzanlook, wirft sich auf den Rücken. Während er seinen „Porno-Baß“ in die Luft reckt und dessen Saiten obszöne Gesten antut, zappeln seine Beine rüde in der Luft. Erstaunlich, daß Tortelvis das wüste Treiben so gelassen, ja geradezu würdig, geschehen läßt. Tortelvis hat, so sagt er, Putmon nicht wegen seiner „bescheidenen“ Fähigkeiten am Baß, sondern wegen seines Tanztalents angeheuert. Endlich rappelt sich Putmon wieder auf. Röhrender Applaus!
Als sich dann Tortelvis vom dürren Faktotum Charlie Hodge mal wieder das Antlitz putzen läßt (es gleißt wie ein Topf Margarine), fängt Drummer Fresh Cheese & Cheese zu rappen an. Da erschüttert ein Beben der Empörung den ganzen Tortelvis, der in seinem hautengen, hellblauen Knautschlederanzug nicht nur dem späten Elvis Presley frappant ähnelt, sondern auch einem überreifen Rollschinken alle Ehre machen würde. Rundherum bricht lähmende Stille aus, während Tortelvis gnadenlos den armen Cheese zerfetzt: „Inna Reggae-Stylee hat Elvis selig gefordert, Mann! Und was machst du? Zeig mal ein bißchen Ehrfurcht!“
In gedruckterer Stimmung gehts dann so weiter, wie es Tortelvis will: mit Reggae-Versionen des Led-Zeppelin-Repertoires. Aber auch hier läuft’s nicht immer rund: Als Carl Jan im Gitarrensolo von „Heartbreaker (At The End Of Lonely Street)“ die Phantasie durchbrennt, befielt Tortelvis nach mehrmaligem demonstrativem Blick auf die Uhr dem Faktotum, das Handtuch um Jahs Saiten zu wickeln. Unser Held ist ein überzeugender Elvis: Seine Wangen wabbeln, und die Nylonperükke schaut echt aus, obwohl er sie regelmäßig zurechtrücken und kämmen muß. Nur die Plüschkoteletten um Torts Triple-Kinn sind etwas armselig geraten.
In seiner Musik ist das Sextett immer dann erstaunlich wendig, wenn es um die Parodie von Led Zepp geht. Allerdings zeigt sich live auch, daß der Reggae des witzigen Albums eine Studio-Kreation war: Vom „coolen“ Rhythmus verstehen die Knaben keine Synkope. Macht nichts: Diese Mischung von Trash, Heimarbeit-Reggae und Rock gewinnt dem Publikum vor allem im „Immigrant Song“, in „Whole Lotta Love“ oder gar in „Living Loving Maid“ sowohl ein Schmunzeln als auch ein Headbangen ab. Und bei „Stairway To ¿ 21 Konzerte in Serie gaben die vier Comic-Schildkröten in dei Radio City Music Halt von New
Heaven“ singen alle gerührt mit.
Dread Zeppelin sei kein Eintags-Wunder, beteuert Jah Paul Jo später:
„Wir planen was fürs Femsehen und außerdem eine Oper.“ Angesichts der Tatsache, daß sich hinter den Masken dieser Band wohl ein gewiefter Trupp von
alternden Westcoast-Musos verbirgt, steht in keiner Weise zu befürchten, daß sich Putmon bald nach einem neuen Tanzjob umschauen muß.