Die Wal-Französin


Sie mag Klassik, hört am liebsten Chansons und schätzt die Demokratie: Ein ganz normaler Star ist Isobel Campbell nicht.

Wenn wir ehrlich sind, haben wir eine ziemliche Zicke erwartet. Eine kleine Diva, die mit den Augen rollt, wenn man ihr eine unbequeme Frage stellt. Stattdessen ist Isobel Campbell von überraschender Offenheit, wie sie da mit erstaunlich langen Haaren, silbernem Lidschatten und sympathischen kleinen Speck-röllchen auf dem Sofa hockt. Und nur dann mit den Augen rollt, wenn man sie auf Stuart Murdoch anspricht – ihren Ex-Freund und Chef der schottischen Folkpopper Belle & Sebastian, bei denen sie im Mai ausgestiegen ist. Äh, warum eigentlich? „Stuart hat ein paar Schwierigkeiten mit mir“, sagt sie und lacht, schweigt, lacht dann wieder: „Aber das ist sein Problem. Wir hatten regelmässige Treffen mit der Band,

wo über wichtige Sachen entschieden wurde. Stuart ließ jeden ausreden, seine Ideen vortragen. Dann meldete er sieh am Ende des Meetings, manchmal sogar danach, und fällte Entscheidungen für uns alle allein. Reine Zeitverschwen düng. Es sah aus wie eine Demokratie, aber das war esniekt,“ Um ihre eigenen Ideen zu verwirklichen, hatte sie sich schon während ihrer Zeit bei der Band Projekt Gentle Waves gewidmet rfolg hat sie beflügelt, es alleine zu ichen: „Bei Belle ¿& Sebastian gab es Unterstützung für die Sachen, die machte. Es war wie eine kaputte Familie. Jeder spielt für sich allein, es gibt „TfSftfe Anteilnahme. Ein kalter Ort.“ Ganz im Gegensatz zu ihrem Album AMORINO, einer verhuschten, warmen Sommerbrise von Platte: Da hat sie im ooklet ausnahmslos alle Musiker gedigt. Und die Musik ist so clever ariert, dass selbst wogende Streicher druckvolle Bläsersätze Isobels eher es Stimmchen nicht verschütten.

ehe Leute haben ein Problem mit ;er, zurückhaltender Musik. Sie halten sie für schwach. Ich bin Cellistin, ich kenne die klassische Musik; dort existieren leise und laute Elemente gleichberechtigt nebeneinander jede Stimmung hat ihren Sinn. Das vergisst man leicht, wenn man nur ‚ Popmusik hört.“ Isobel hört am liebsten französische Chansons aus den 6oer 4 Jahren, auch Francoise Hardy und Juliette Greco: „Ich muss in einem früheren Leben Französin gewesen sein. Als ich 16 war, hörte ich Astrud Gilberto und dachte: Hey, das klingt ein bisschen wie meine Stimme. Jede Stimme hat ihre Qualitäten. Manche sind offensichtlich, andereversteckter. Es ist eben einfach meine Stimme.“ Mit Schubladen wie „Quiet is the new loud“ kann sie gar nichts anfangen: „Wer sagt denn so was?“ Auch Opern mag die Frau, die sich standhaft weigert, das graue Glasgow gegen das hippe London zu tauschen {„Schreckliche Stadt, so laut und voll!“) nicht: „Ich höre viel klassische Musik, Debussy, Satie. Da ist so viel Raum in der Musik. Opern sind so aufgeblasen.“ Kein Wunder – bei den Stimmen. Nein, da sind ihr Walgesänge lieber. Wie jedem, der sich freischwimmen will.