Die ungezügelte Energie des Punkes
Ich rede ja nicht gern böse über Dinge. In der Tat bin ich dem harmonischen Ausgleich so zugeneigt, dass der DJ Götzi schon einmal die Vermutung geäußert hat, ich sei wohl als Kind mit dem Kopf in eine Ausgewogenheitsmaschine geraten lieh räche mich nunmehr auf diesem Weg und nenne ihn öffentlich DJ Götzi, was er wohl ziemlich kontrovers finden wird). Deswegen habe ich auch nicht zum Punk getaugt, sondern nur zum Quasi-Hippie. Jetzt muss ich mich mal echauffieren: Mir geht das undifferenzierte Underground-Getue von Underground-Leuten auf den Sack. Es gibt da mancherorts eine Piefigkeit, die man sich wegwünscht. Draußen ist immer das Böse und wir hier, die Gerechten, in unserem Gallischen Dorf. Im Radio hörte ich letztens eine ausführliche Sendung über ein verdientes Indielabel. Viel Interessantes hätte diskutiert werden können, aberalles, was dem Interviewer und leider auch den Indielabelmenschen einfiel, war, das verdiente Indielabel unter freimütiger Ausblendung des Faktums, dass es da draußen eine lebendige Szene verdienter Indielabels (und, flüstern bitte, vielleicht sogar ein paar unsatanische Zellen innerhalb von Majors) gibt, dafür zu preisen, dass es sich als gleichsam letzte Bastion gegen „die Bohlens dieser Welt“ stellt. Die kindergarteneske Darstellung nervte nach einiger Zeit so sehr, dass man den Drang verspürte, sich nebenan bei NRJ ein paar kalkuliert exploitativmisogyne Kinder-R’n’B-Tracks reinzufahren.
Wenig später ging ich zu einem Punk-Konzert. Also nicht so Green-Day-Zeug, sondern „Szene“. Ihr wisst schon, die Spießer, die „Seü-Out!“ schreien, wenn ihre Lieblingsband mal zufällig einen geraden Ton trifft und darum plötzlich mehr als drei Menschen gefällt. Die Band, wegen der ich da war, spielt eigentlich gar keine Punkmusik, ist aber offenbar Punk vom „Spirit“ her, und drum war die Szene da und ich kaufte mir eines der angebotenen Fanzines. Dastand viel drin von Aufrechten, die dem Big Business und den Bohlens dieser Welt den Stinkefinger zeigen und „No Stars, No Guestlist. No Hype“. Den besoffenen Fettwanst, der dann im Vorprogramm, begleitet von seinem Bewährungshelfer an der Müllgitarre, wie ein angestochenes Schwein röhrte bis die Wände Blut weinten, fand ich aber dann total geil. Ich fand das super, dass der sich nicht um Trends scherte und unbeirrt sein Ding machte und die Performance spiegelte für mich die ungezügelte Energie des Lebensgefühls Punk wider. Das ist eh das Geile an Punk für mich: Es ist kein so Britney-Spears-Kack.
P.S.: Ich würde bitte gerne den Tod bei John Peel markieren, Apfel-a, ausschneiden, Apfel-x, und rüberkopieren zu George W. Bush, Apfel-v. Geht das?