Die Honig-PLANTage


Wenn dieses Sweetheart singt und lässig lächelt, geht gleich die Sonne auf; dann schmilzt die prüde Seele schnell dahin. Ein einziger Blick- und schon liegen dem lockigen Troubador die Herzen der Frauen zu Füßen. Es ist, als tropfe Honig von seinen Lippen. .. Das jedenfalls ist der Eindruck, den Robert Plant im Video zur Honeydrippers-Single „Sea Of Love“ hinterläßt. Keine Frage, der ehemalige Led Zep-Frontman ist der geborene Charmeur, nicht nur in dieser Szene. Und auch das Mini-Album THE HONEYDRIPPERS VOLUME I, das seit Wochen die US-Top 10 besetzt hält, lebt von seinem Charisma und honigsüßen Gesang. Doch bei allem melodramatischen Pathos, das sich wie ein Zuckerguß über die fünf Songs legt, beweist Plant auch Qualitäten als R&B-Sänger, der lang verdrängte Ambitionen endlich einmal ausleben kann: „In meiner Jugend hörte ich Freitag abends unter der Bettdecke auf Radio Luxemburg schwarzen Rhythm & Blues. Das waren zwar nur 15 Minuten pro Woche, aber trotzdem habe ich so viel über diese Musik erfahren. Darunter gab es obskure Songs, die in Amerika bereits Hits waren, in England dagegen kaum beachtet wurden: von Lee Allen, Walkin‘, Walkin‘ Mister Lee‘ oder Material von Leuten wie Leadbelly und Howlin‘ Wolf.“

Fast 15 Jahre mußten vergehen, ehe Plant seinen Plan, ein Album mit Cover-Versionen alter R’n’B-Meister einzuspielen, in die Tat umsetzen konnte. Sei es nun „Sea Of Love“, eine KhouryV Baptise-Komposition, zu der ihn Marty Wildes Version aus den 60ern inspirierte, oder Ray Charles‘ „I Got A Woman“: Das Projekt stand von Beginn unter dem Motto: Back to the roots! „Wenn man zu Hause sitzt und anfängt, neue Songs zu schreiben, etwas Originelles zu kreieren, in dem sich die eigene Individualität widerspiegelt, kann es passieren, daß man den Bogen überspannt, zu angestrengt arbeitet und so allmählich jegliche Lockerheit verliert. In dem Augenblick sehnt man sich nach einfachen Dingen, einem unbeschwerten Lächeln zurück.“

Sein Wunsch ging 1983 in Erfüllung. Nach dem Ende von Led Zep und zwei Solo-Alben, PICTURES AT ELEVEN und THE PRINCIPLE OF MOMENTS, hob er die Honeydrippers aus der Taufe. Neben Jimmy Page, seinem Kollegen aus glorreichen Tagen, und einem weiteren Ex-Yardbirds, Gitarren-Desperado Jeff Beck, war nicht zuletzt auch Atlantic-Chef Ahmet Ertegun für die Produktion zuständig. Das Ergebnis: ein Album voller Witz und Ironie, das gleichzeitig aber an die Glanzzeiten des Rhythm & Blues erinnert. Auf die Frage, ob nach dem überraschenden Erfolg von VOLUME I noch weitere geplant seien, antwortet Robert Plant, stolzer Besitzer einer Sammlung von über 2000 R & B-Singles, lapidar:

„Solange ich diese Platten besitze, wird es eine Million Honeydrippers-Alben geben.“