Die ganze Welt ist im WM-Fieber – klar also, daß ME/Sounds wissen wollte, ob unsere Helden ebenfalls davon befallen sind.
DIE CD IST RUND Tonträger für Torjäger - ME/Sounds hat die CDs zur WM gehört und packt die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.
DER FERNSEHER STEHT UNTER FREIEM HIMMEL, AUF DEM GRILL BRUTZELN DIE Würstchen, und von den gekühlten Bierflaschen im Gartenteich lösen sich langsamdie Etiketten. Alle Kumpels sind schon da, noch ’ne halbe Stunde bis zum Spiel. Fußball ist Pop, Fußballgucken ist ein gesellschaftliches Ereignis. Und wo viele Leute gesellig zusammenkommen, so das Kalkül der Plattenfirmen, da wollen sie auch lustig sein. Dafür wiederum braucht’s Musik. Musik zum Anlaß. Da hätten wir beispielsweise, stilecht und wichtig, den „offiziellen Song zur Weltmeisterschaft“. Ricky Martin, dessen Sommerhit ’97 („Un, dos tres … irgendwasspanisches … Maria“) uns allen noch schwer im Magen liegt, hat diese ehrenvolle Aufgabe mit der nötigen Nonchalance gelöst. Der Künstler ist kurz in sich gegangen, um „Maria“ dann einfach noch mal aufzunehmen: „The Cup Of Life“ ist herzerfrischend wie der Vorgänger, paßt aber jetzt besser zur WM. Das gilt auch für Chumbawamba, deren „Top Of The World (Ole, Ole, Ole)“ wie „Tubthumping“ mit Kreuzbandriß in die kommerzielle Nachspielzeit humpelt. Wäre dieses Lied ehrlich, es wäre ein Waschmittel und würde nun „noch weißer waschen“. Reichlich „offiziell“ kommt auch der französische Beitrag daher. Der Kandidat nennt sich Wes, macht aus seiner Sportbegeisterung alles andere als einen Hehl und ruft uns ein gutgelauntes „I Love Football“ entgegen – die Geschichte der Popmusik wird in weiten Teilen umgeschrieben werden müssen. Ähnliche Juwelen versammelt übrigens der Sampler „Allez! Ola! Ole“, eine Art weltweiter „Grand Prix de la Commercialisation“. Aber, um mit Berti Vogts zu sprechen: „Haß gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle sollte man bei seiner Frau ausleben.“ Weiter im Text: Jean Michel Jarre und Apollo 440 haben ihr „Rendez-vous 98“ ganz ins Zeichen der Völkerverständigung gestellt. Das ist lieb, aber langweilig. Wir wollen statt dessen die Brutgrätsche, Brot und Spiele und Lecker Fischbrät mit „Haut ’se wech!“ Die rappenden Nordlichter bringen das Thema mit gewohnt zarter Ironie auf den Punkt. Witzig auch die Indie-Nummer der Aeronauten, die mit ihrer Doppel-A-Seiten-Single die Schweiz zum „Weltmeister“ erklären – wo die doch gar nicht teilnimmt, haha. In der Nachspielzeit nun, endlich, die beiden empfehlenswerten Tonträger: zum einen Günther Kochs „Ausgewählte Radioreportagen Vol. II“ (für Urlaub von Faßbender), zum anderen der I Sampler „Kult Fußball“, der neben Sangesproben von Berti Vogts im Duett mit Ilja Richter die Reportagen von Herbert Zimmermann oder Edi Finger featured. Wie sagte einst schon Bruno Labbadia: „Ich finde, man sollte das alles nicht so hochsterilisieren …“ Eben.