Die dunkle Sonne
Originalitätspreise werden Amplifier für ihr Debüt nicht ernten - aber nassforsche Epigonen sind sie allemal.
Gleich neben dem alten Wein in neuen Schläuchen steht das Gebrauchtgefühlregal. Alles schon mal so oder ähnlich gehört, als die Taschenuhr 1994 anzeigte – das „Black Hole Sun“ leuchtete nach Kräften, und superunknown, das Album dazu, hatte in all seiner Psychedelik eine erhebliche morbide Strahlkraft. Sei Balamir, Sängerund Gitarrist von Amplifier, will davon wenig bis nichts wissen, „badmotorfinger bedeutet mir als komplettes Album so viel mehr ah superunknown“, knurrt er, „mein liebstes Lied auf superunknown ist ,Head Down‘. Und überhaupt muss man das relativieren: Grunge bedeutete eine Menge gute Dinge. Aber eben amerikanische Dinge. Ich bin kein Amerikaner, da können Soundgarden noch so gut gewesen sein.“Chris Cornell wäre vermutlich stolz auf das, was Amplifier veranstalten – bleischwere Gitarrenriffs, donnerndes Gegrolle, mitunter verschlungene Grooves -; Sei Balamir steht eher auf Abgrenzung: „Unsere Musik ist nicht stilisiert und schon gar nicht retro. Retro ist Käse! Wir machen die Musik, die wir mögen, und die Zutatenfür diese Musik ergeben sich aus den Lebenserfahrungen, die wir drei in die Band bringen. Das dürfte wohl als Input reichen, oder?“ Amplifier sind neben Sei Balamir noch Bassist Neil Mahoney und Drummer Matt Brobin. Die drei trafen sich in Manchester und machen ein mittelgroßes Geheimnis um ihr Alter. Das zu erfahren wäre zwar nicht unwichtig, um abschätzen zu können, mit welcher Musik das Trio sozialisiert wurde, aber: keine Chance. Stattdessen: Der Versuch, den Spaßvogel zu geben. „Altgenug, um alles Mögliche schon zu wissen“, sagt Sei Balamir, „und jung genug, um nicht allzu vorsichtig zu sein“. Puppenlustig auch, was Sei Balamir zum Sound des titellosen Debütalbums einfällt: „Was wir machen, kommt nicht von Soundgarden. Unser Sound ist der Klangvon Panzern, in denen Engel am Steuer sitzen. „Bitte beachten: In einen Panzer passen nicht allzu viele Leute rein. Trotzdem: gute Fahrt.