Jahresrückblick

Die 50 besten Platten des Jahres 2017


Wir haben abgestimmt und die einzig wahre Liste erstellt: Das sind die 50 Favoriten der ME-Redaktion und somit die besten Alben des Jahres 2017. Ha!

Platz 2: Kendrick Lamar – DAMN.

Das Cover des vierten Studio-Albums von Kendrick Lamar.Top Dawg/Aftermath/Interscope (VÖ: 14.4.)

Natürlich war TO PIMP A BUTTERFLY sein Opus Magnum. Eine von Free-Jazz und P-Funk getriebene Analyse des afroamerikanischen Lebens, der Black Community in den USA. Was sollte King Kendrick auf diesen Meilenstein bloß folgen lassen?

Der Rapper aus dem legendärsten Problemviertel von Los Angeles, Compton, entschied sich, nach dem großen Ganzen das Individuum, die einzelne Person auf den Seziertisch zu legen. Lamar verhandelt auf DAMN. (nur echt mit Punkt!) nicht weniger als die menschliche Psyche – insbesondere seine eigene.

Die Leitthemen des Albums, die sich durch die Tracklist ziehen wie ein roter Faden, sind die Grundwerte, die Lamar trotz seines astronomischen Erfolges zu verteidigen sucht („Loyalty“, „Pride“, „Love“). Nun ist die Introspektive für ihn keine neuentdeckte Erzählform, bereits seine früheren Werke ließen immer wieder den stolzen, aber zerbrechlichen Charakter eines der größten Künstler unserer Zeit aufblitzen.

Überwältigend ist jedoch die Radikalität seiner Offenbarungen. So entwickeln sich gerade die instrumental zurückhaltenden Stücke „Feel“ und „Fear“ zu den Schlüsseltracks auf DAMN.: In wilden, ungebändigten Wortströmen entlädt Lamar all den Druck, all die Ängste und die ganze Wut, die sich in ihm aufgestaut hat. Er zweifelt an sich und seinen Fähigkeiten, verliert den Glauben an seine Mitmenschen und kämpft mit der Bürde, die Stimme einer ganzen Generation zu sein. Dabei ist alles, was er will, sich treu zu bleiben – und dass ab und an auch einmal jemand für ihn betet.

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Musikalisch kehrt Lamar auf DAMN. zurück zum HipHop seiner Heimat in South Central Los Angeles. Er besinnt sich in der Sound­ästhetik auf Altbewährtes, die tighten Beats setzen Referenzen an Jugendhelden wie Juvenile, was jedoch bestimmt nicht bedeutet, dass es sich hierbei um ein Retro-Album handelt. Die filigran eingewebten Samples – sei es das Pattern aus Bruno Mars’ „24k Magic“, das „Loyalty“ als Wirbelsäule dient, oder der von James Blake eingespielte Piano-Loop auf „Element“ – erheben die Tracks über jeden Anflug von Nostalgie.

Selbst U2 müssen sich auf DAMN. mit der Rolle der Zuarbeiter begnügen. Erst als Kendrick Lamar seiner Wut über das sinnlose Sterben junger Menschen in den USA Luft gemacht hat, dürfen Bono und seine Männer auf „XXX“ die Stimmung kippen lassen und für den Silberstreifen am Horizont sorgen. So ist DAMN. vor allem ein Album über die Hoffnung, die in jedem neuen Tag steckt. Trotz all des Hasses in der Welt und dem alltäglichen Druck, den wir spüren, appelliert Kendrick Lamar, nie den Glauben an uns selbst zu verlieren – und ab und an auch einmal für ihn zu beten. Dominik Sliskovic

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