Jahresrückblick

Die 50 besten Platten des Jahres 2017


Wir haben abgestimmt und die einzig wahre Liste erstellt: Das sind die 50 Favoriten der ME-Redaktion und somit die besten Alben des Jahres 2017. Ha!

Platz 29: Kelly Lee Owens – KELLY LEE OWENS

Smalltown Supersound/Rough Trade (VÖ: 24.3.)

Keine elektronische Platte hat 2017 so viel Spaß gemacht wie das Debüt der Waliserin. Weil sie den eingängigen Bassläufen des Techno aus den unterschiedlichsten Richtungen auf den Zahn fühlt: Mal ist ihr Sound durchzogen von minimalistischen Ambient-Flächen, mal eine Hommage an Arthur Russell, glitchy Mutationen oder Dream Pop. Owens schichtet die Versatzstücke zu atmosphärischen Tracks auf, in denen elektronische Musik keine Kategorien mehr kennt. In ihren Händen erscheint das nicht mehr als technisches Handwerk, sondern als pure Alchemie. Annett Scheffel

Platz 28: Sophia Kennedy – SOPHIA KENNEDY

Pampa/Rough Trade (VÖ: 28.4.)

Das erste „Songwriting-Album“ auf DJ Kozes Pampa-Label: Eigentlich gibt es auf dem Debüt der nach Hamburg übersiedelten Amerikanerin nichts, was es nicht gibt. Da ist Bedroom-Songwriting und Disco-Glitter. Experimentelle Verspieltheit und Pop-Appeal. Streicher, House-Pianos, R’n’B-Harmonien, Obama-Samples, Dubstep-Beats, sogar Maultrommeln. Stimmungen von tropischen Dunstwolken bis zu dunkelblauer 3-Uhr-nachts-Melancholie. Kurzum: Hunderte Ideen für elf kleine, schimmernde Popsongs, die trotzdem nie überladen, sondern immer goldrichtig klingen. Annett Scheffel

Platz 27: Schnipo Schranke – RARE

Schnipo Schranke – RARE; VÖ: 27.01.2017Buback/Indigo (VÖ: 27.1.)

Gerade im deutschsprachigen Pop ist Intimität heute der große Verkäufer. Stell’ die Verbindlichkeit her. Der Künstler kommt dir so nahe, dass es fast herzlos wäre, ihm nicht mit dem Erwerb seines ausgekotzten Seelenlebens zu helfen. Stichwort Kotze. Fotze. Rotze. Fritzi und Dani beherrschen dieses Vokabular. Aber eben auch das Spiel mit den Ebenen. Gewiefter noch als auf ihrem Debüt SATT überlassen es einem die beiden, was man von ihren – sachte auch musikalisch komplexer werdenden – Songs mitnimmt. Schluckt man das Lachen, das einem im Halse steckenbleibt, runter oder würgt es wieder aus? Wir verirren uns lustvoll im Labyrinth der Post-Ironie. Wenn’s wem hilft: umso besser. Stephan Rehm Rozanes

Platz 26: Father John Misty – PURE COMEDY

Bella Union/PIAS Coop/Rough Trade (VÖ: 7.4.)

Die Medien lieben den Father! Zuletzt unterstellten sie ihm, er würde in „Total Entertainment Forever“ mit weirden Taylor-Swift-Sex-Fantasien prahlen. So generiert man Klicks im Internet. Dabei ist es viel gehaltvoller, sich dem wahren Inhalt hinter den Provokationen zu widmen. Dieser Mann fragt groß und rhetorisch: Kriegt niemand mit, dass unsere Welt der bestialische Ort einer verrohten Menschheit ist? Und die Haptik der Platte zieht mit: Bei der Vinyl-Variante lässt sich durch Papier-Einschübe der abgebildete Himmel verdunkeln. Jördis Hagemeier

Platz 25: Grizzly Bear – PAINTED RUINS

Grizzly Bear – PAINTED RUINS

RCA/Sony (VÖ: 18.8.)

Hot war diese Band nie. Und ihr neues Album nach fünf Jahren drohte sich sogar zu versenden im daueraufgeregten Popbetrieb. Doch mit PAINTED RUINS bestätigen Grizzly Bear den Artrock ihrer Generation (Alt-J, Foals, Fleet Foxes usw.) als eines der letzten Album-Genres. Klar, niemand kann heute mehr zu den „Pink Floyd ihrer Zeit“ werden.  Aber wer die Muse findet, sich mit PAINTED RUINS in seine dunkle Höhle zurückzuziehen, der schwört darauf, hier den „Brian Wilsons ihrer Zeit“ begegnet zu sein. Nahgotterfahrung quasi. Oliver Götz

Platz 24: Slowdive – SLOWDIVE

Dead Oceans/Cargo (VÖ: 4.5.)

Heute weiß man, welchen Stellenwert Slowdive für Shoegaze und Dream Pop besaßen. Deshalb mag keiner mehr zugeben, dass er in den 90ern trotzdem lieber U2 und Right Said Fred gehört hat. Aber es sollte ruhig jeder applaudieren dürfen dieser Band und ihrem wonnevollen Comebackalbum, das eine für Slowdive ungewöhnliche poppige Kompaktheit in ihren Sound brachte, der in 45 Minuten alles zu umspannen scheint, was sich zwischen LOVELESS und sagen wir: Japanese Breakfast so ereignet hat.  Oliver Götz

Platz 23: Arca – ARCA

XL/Beggars/Indigo (VÖ: 6.4.)

Auf Alejandro Ghersis drittes Album lässt er uns weiter an sich heran, seine Stimme steht fast ungeschützt im kathedralengroßen Raum. Stücke wie die aus einem Summen zu maximaler Melancholie wachsende Arie „Piel“ oder das fast schon poppig durchs Echo-Schiff springende „Desafío“ wollen einen auch nicht mehr vorsätzlich verstören. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese so großartige, fast schon grotesk theatralische Platte nicht weh tut. Oliver Götz

Platz 22: Destroyer – KEN

Destroyer
Destroyer :: Ken

Dead Oceans/Cargo (VÖ: 20.10.)

Vielleicht ist Dan Bejar der letzte coole Mann des Indie-Rock. Ein geniebegabter Weirdo, der seine komplizierte Beziehung zur Popmusik auch auf KEN wieder zelebriert: Nach dem Yacht-Rock von KAPUTT und dem angejazzten POISON SEASON klingt das diesmal nach dem düster-romantischen, britischen Indie-Pop der Thatcher-Jahre (New Order are back!), den Bejar in seine sonderbar lichtdurchlässige Sound-Ästhetik übersetzt. Die Songs sind traurig-komische, verwirrend schöne und referenzreiche Mons­ter, die sich anfühlen wie vorbeiflimmernde Arthouse-Filme. Annett Scheffel

Platz 21: Ariel Pink – DEDICATED TO BOBBY JAMESON

Mexican Summer/Alive (VÖ: 15.9.)

Dem poltergeisterhaften POM POM (2014) ließ der Pinke ein Album folgen, dem neben der Ariel wie Schatten verfolgenden Nostalgie noch eine Extradosis Melancholie eingespritzt wurde. Das könnte daran liegen, dass es ihm mit der Widmung an Bobby Jameson, einem 60s-Singer/Songwriter, der an Industrie und Drogen zerbrach, ernst war. Die 60er nahmen auch musikalisch einen immensen Einfluss auf diese Songs, die noch immer psychedelisch verstrahlt klingen mögen, in ihren Melodien und Lyrics aber große Sehnsucht nach Wärme und Harmonie ausdrücken. Oliver Götz

Platz 20: The War On Drugs – A DEEPER UNDERSTANDING

Atlantic/Warner (VÖ: 25.8.)

Wenn es 2017 ein absolutes Indie-Rock-Lieblingsalbum gegeben hat, dann das vierte von The War On Drugs aus Philadelphia. Deren Sänger, Songschreiber und Mastermind Adam Granduciel führt auf A DEEPER UNDERSTANDING fort, was er vor neun Jahren mit dem kurz danach ausgestiegenen Gründungsmitglied Kurt Vile begonnen hat: Jeder der zehn Songs zwischen Folk, Blues, Neo-Psychedelia, voll von großer Einsamkeit und mit Springsteen und Dylan im Herzen, war ein Hit, der nie einer werden wird. Das war ja das Schöne: Diese Platte hatte man gefühlt für sich allein – wenngleich wohlwissend, dass man nicht der Einzige mit diesem Gedanken war. Fabian Soethof

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Smalltown Supersound/Rough Trade
Pampa/Rough Trade
Buback/Indigo
Bella Union/PIAS/Rough Trade
Dead Oceans/Cargo
Jesse Kanda/Arca Beggars