Die 100 wichtigsten Frauen im Pop – Platz 14 bis 10
Eine Reise durch Female-Pop gestern und heute. Hier geht's zu den Rängen 14 bis 10.
Musik kennt erst mal kein Geschlecht: Die angeschlagene Saite, die getretene Fußtrommel oder der Loop in der Audio-Software – alles komplett genderneutral. Schöner Gedanke, oder?
Doch über Ton und Beat hinaus spielt das aufgeladene Thema sehr wohl eine Rolle. Musik ist, wenn sie die Instrumente verlassen hat, immer auch Kontext. Musik bildet Realitäten ab und nimmt genauso auch Einfluss auf sie.
Dass Pop und Gesellschaft über die Dekaden diverser geworden sind, braucht man heute nieman- dem zu erzählen. Wer sich aber bei all der Bewegung hingegen gern mal im Bart kratzt und lieber noch mal umdreht, ist der traditionsbewusste Popkulturkanon. Unzählige Listen werden immer noch angeführt von Dylan und den Beatles – Radiohead gelten hier noch als junge Herausforderer. Auch dieser Blick mag für manchen einen Reiz besitzen, doch wenn es mal wieder auf das Argument rausläuft, es gäbe ja so wenig einflussreiche Musikerinnen, dann dimmen sich die Lichter.
Wir widmen uns im aktuellen MUSIKEXRESS daher all den einflussreichen Frauen im Musikbetrieb. So selbstverständlich das alles sein möge, so wertvoll sind doch die Impulse, die uns weibliche Acts zusätzlich zu ihren Hits noch obendrauf gegeben haben. Nur weiter so, we’ve only just begun.
Hier ein neunzehnter Teaser der Liste der 100 wichtigsten Frauen im Pop – Platz 14 bis 10:
- Hier geht’s zu Platz 100 bis 98
- Platz 97 bis 95
- Platz 94 bis 90
- Platz 89 bis 85
- Platz 84 bis 80
- Platz 79 bis 75
- Platz 74 bis 70
- Platz 69 bis 65
- Platz 64 bis 60
- Platz 59 bis 55
- Platz 54 bis 50
- Platz 49 bis 45
- Platz 44 bis 40
- Platz 39 bis 35
- Platz 34 bis 30
- Platz 29 bis 25
- Platz 24 bis 20
- Platz 19 bis 15
Platz 14: Grace Jones
Model, Schauspielerin, Society-Queen, Stammgästin in der New Yorker Nobeldisco Studio 54. Erst 1977, mit 29, begann Grace Jones ihre Musikkarriere. Vier Jahre später schuf sie mit NIGHTCLUBBING ein Gesamtkunstwerk, das nicht nur die 80er-Jahre definierte, sondern weit darüber hinaus wirkte. Die Reste des 70er-Jahre-Rock, die vom Bildersturm der New Wave übriggelassen wurden, wischte die Jamaikanerin mit ihrem fünften Album zumindest für kurze Zeit vom Tisch. Grace Jones hatte die Zukunft erfunden und die klang elektronisch, eiskalt und entmenschlicht. Auf dem Cover präsentierte sie sich als androgynes Wesen mit Bürstenhaarschnitt und Zigarette im Mundwinkel. „Feeling like a Woman, looking like a man“, singt sie in „Walking In The Rain“ und öffnete der Genderfluidität alle Türen.
Ohne sie wüssten wir nicht, dass die Popkultur ein Konglomerat aus Musik, Image, Mode, Style und Kunst ist.
(Albert Koch)
Platz 13: Beyoncé
Queen B ist eine Koryphäe im Live-Business, die Meisterin der musikalischen Wiedergeburten und eine Ikone der Popkultur. Trotz des notorischen Vorwurfes, eine PR-Marionette zu sein, trieb Beyoncé die weibliche Autonomie maßgeblich voran und zelebrierte ihre künstlerische Individualität. Bereits 2008 unterstrich sie mit „If I Were A Boy“ die ungleiche Machtdynamik zwischen den Geschlechtern und lieferte zwei Jahre später mit „Run The World (Girls)“ eine Hymne für Frauen. Die Alben BEYONCÉ (2013) und LEMONADE (2016) machten Feminismus zu einer Prio der Gen Z und „Flawless“ wurde quasi zum Soundtrack des Popfeminismus. Die 42-Jährige war und ist Vorbild für weibliche Selbstermächtigung, und als sie 2014 erklärte „I’m feelin’ myself“, taten es ihr viele Frauen gleich.
Ohne sie hätten es familienorientierte oder figurbetont gekleidete Frauen als Feministinen deutlich schwerer.
(Christin Rodrigues)
Platz 12: Sylvia Robinson
Mit dieser Mother fuckt niemand! Bevor Sylvia Robinson zur Urmutter des HipHop wurde, hatte sie bereits eine steile Karriere hinter sich: 1957 schuf sie im Duo Mickey & Sylvia den Evergreen „Love Is Strange“, produzierte später Soul-Hits für ihre eigene Plattenfirma All Platinum, bevor sie 1979 im Club „Harlem World“ MC Lovebug Starski über den Beat des Sommerhits, „Good Times“ von Chic freestylen hört. Robinson bietet ihm eine Aufnahme an, er lehnt ab. Ihr Sohn vermittelt sie dann an den HobbyRapper Henry Jackson. Um den herum castet Robinson die Sugarhill Gang und veröffentlicht als CEO ihres neuen Labels Sugar Hill den ersten Hip HopHit überhaupt: „Rapper’s Delight“. 1981 reagiert sie auf eine RapParodie Mel Brooks’ mit dem ersten Answer Song des Genres, „It’s Good To Be The Queen“. Im Jahr darauf macht sie mit der Veröffentlichung des sozialkritischen „The Message“ von Grandmaster Flash & The Furious Five Rap zu dem, was es in den USA bis heute maßgeblich ist: das CNN für Schwarze.
Ohne sie wäre die dominante Jugendkultur des 21. Jahrhunderts eine völlig andere.
(Stephan Rehm Rozanes)
Platz 11: Debbie Harry
Als sich Punk in New Wave verwandelte, verschwand auch dessen bierschweißige Männlichkeit und wurde ersetzt von einer androgynen Eleganz, der Debbie Harry Gesicht und Stimme gab. Niemand war so cool wie die 1,60 kleine New Yorkerin aus dem Umfeld von Andy Warhol, ihr gebleichtes Haar so markant, dass ihre Band nach ihm benannt wurde. Blondie führten die New Wave nicht nur an die Spitze der Charts, sondern schlugen währenddessen auch noch die Brücke zum parallel aufstrebenden HipHop. Man könnte Harry vorwerfen, dass das von ihr geprägte Image zum Fluch wurde für nachfolgende Generationen, aber den Kapitalismus konnte selbst sie nicht im Alleingang aushebeln: „Sex sells, das ist mir klar“, schrieb sie in ihrer Autobiografie „Face It“, aber wenn man sich des Prinzips schon bedient, dann „wenigstens zu meinen Bedingungen, nicht zu denen irgend eines Managers.“
Ohne sie wären die New York Dolls, für die sie als Fahrerin arbeitete, bevor sie selbst berühmt wurde, noch seltener pünktlich gewesen
(Thomas Winkler)
Platz 10: Joni Mitchell
Ohne selbst dort aufgetreten oder vor Ort gewesen zu sein, schrieb Joni Mitchell 1969 die Hymne zum Jahrhundert Festival Woodstock. Die in Kanada geborene Sängerin, Gitarristin und Songwriterin besaß die Gabe, ihre Songs in einer Sprache zu buchstabieren, die dem Publikum die Essenz von Ereignissen nahebringen konnte. Mitchells Erkennungsmelodie „Both Sides Now“ wurden mehr als 1.000 Coverversionen zuteil. Ihre Songs, die sie bald auch mit Jazzmusikern (etwa Charles Mingus) einspielte, ließ sie auf offenen Akkorden fließen, Mitchell sprach von „forschenden Akkorden“, die eine perfekte Kulisse für ihre scharfen Beobachtungen und die Fragen bildeten, die sie an das Leben stellte. Die zehnfache Grammy-Gewinnerin avancierte zur Poetin von Weltrang und zum Role Model für Generationen von Songwriterinnen. Kurz vor ihrem 80. Geburtstag feierte sie 2022 ein Live-Comeback.
Ohne sie wären Frauen im Pop erst viel später als Songwriterinnen und Produzentinnen anerkannt worden.
(Frank Sawatzki)
+++ Unser aktuelles Heft ist seit dem 09. Februar im Handel. Darin gibt es die komplette Lister der 100 wichtigsten Frauen im Pop. Hier teilen wir immer wieder Ausschnitte des Rankings. +++