Die 00er
Nu Metal, Nu Rave, der Neue Rock und das Revival so ziemlich jeden vergangenen Jahrzehnts. Der ME muss in den OOern auch vorne, hinten, oben und unten Ohren haben.
Eine der Weichenstellungen für den MUSIKEXPRESS im vierten Jahrzehnt seines Bestehens findet im Januar 2001 in New York statt: Dort veröffentlichen The Strokes ihre erste EP „The Modern Age“ – und schnell herrscht Aufregung zu beiden Seiten des Atlantiks. Als im September2001 dann ihr Debütalbum IS THIS IT erscheint, wird endgültig klar, dass eine Zeitenwende angebrochen ist – The Strokes bilden die Speerspitze einer neuen Generation von Bands, die den totgesagten Rock durch Rückgriffe auf Garagenrock und New Wave „retten“ – Namen wie The White Stripes und Black Rebel Motorcycle Club machen die Runde.
In Ermangelung eines griffigen Etiketts ist bald etwas unbeholfen von den „The-Bands“ die Rede. Vorbei ist die Vorherrschaft der Elektronik, vorbei ist auch der Nu-Metal-Spuk, in den Hintergrund gedrängt der stereotyp gewordene Alternative Rock amerikanischer Prägung. Es weht ein neuer Wind in der Szene, und der ME positioniert sich neu, denn die Generalistenrolle ist nicht mehr sinnvoll. Schließlich wird der Mainstream längst von der Publikumspresse und in TV-Boulevardmagazinen thematisiert. Weshalb sich die Redaktion nun stärker auf Acts und Strömungen fokussiert, die der Musikszene neue Impulse geben. Im Jahr 2002 verpassen Verlag und Redaktion dem Magazin eine komplette Runderneuerung. Dazu gehören auch die umfangreichen Dossiers, die wichtige Acts, Genres und Tendenzen auf bis zu 20 Seiten in der Tiefe beleuchten. Mitte 2003 verändert sich auch das Konzept der „CD im ME“: Statt Labelportraits erklingt nun in der Regel ein Querschnitt durch die im Heft vorgestellte Musik, mit dem bewussten Schwerpunkt auf interessante Newcomer. Überhaupt wird die musikalische Trcndsetter-Funktion immer wichtiger: Es geht darum, als Forum für neue Acts zu fungieren, gerade solcher, die im Radio und TV immer weniger bis kaum mehr Plattformen finden.
Im September 2003 erscheint das Heft dann mit einem programmatischen Titeldossier: „Deutscher Pop jetzt!“ lautet die Schlagzeile, die die Renaissance des einheimischen Pop auf den Punkt bringt. Mit der Oktoberausgabe 2004 kehrt auch der popkulturell wichtige Aspekt „Style“ zurück ins Heft: Nach gut 30 Jahren gibt es nun wieder Modestrecken, sie transportieren nicht nur die neuesten Streetstyles, sondern auch spannende junge Fotografie. Waren es zu Beginn des Jahrzehnts vornehmlich US-Bands, die dem Rock Impulse gaben, tauchen nun vermehrt junge Briten wie Franz Ferdinand, Maximo Park und Bloc Party auf den Titelseiten auf. Wieder kommt es zu einem programmatischen Titeldossien „London brennt“ verkündet die Ausgabe vom Juni 2005. Nicht nur im ME-Internetforum wird nun gelegentlich darüber debattiert, ob der ME zu einem „Indiemagazin“ mutiert sei – eine Fehlinterpretation: Zwar ist „lndie der neue Mainstream“, wie Redakteur Albert Koch in seinem Buch „Fuck Forever – Der Tod des Indierock“ konstatiert, aber im ME findet weiterhin auch pop-relevanter HipHop, credible elektronische Musik, LoFi-Americana und vieles mehr statt. Häufiger als je zuvor bestreiten die ME-Redakteure jetzt Auswärtsspiele – etwa mit dem ME-Bus auf Festival-Tour. Oder als DJs in den Clubnächten, die zunächst in München unter dem Namen „Schweine am Samstag“, später dann als „Musikexpress Klub“ auch in anderen deutschen und österreichischen Städten stattfinden. Anfang 2009 häutet sich der ME einmal mehr: Mit einem neuen Look, der die Stärken des Hefts auch für die kommenden Jahre optimal präsentieren soll.