Der reine Luxus
Wer wäre besser geeignet, uns mit einem Fußball-Konzeptalbum auf die WM einzustimmen, als die Sportfreunde Stiller?
Das Studio ist, wie man in Norddeutschland sagt, am Arsch der Heide: In Hamburg-Eidelstedt, am Ende einer Sackgasse, arbeiten die Sportfreunde Stiller an ihrem neuen Album, das eigentlich gar kein reguläres ist und aus dem Sportfanatismus von zwei Banddritteln resultiert. Das dritte, Rüdiger „Rüde“ Linhof, öffnet die Tür. „Das hier ist Otto Waalkes‘ altes Studio“, freut er sich, während die Kaffeemaschine lustig schnurpst. Im Hintergrund läuft der Fernseher: Biathlon. „Immer werde ich überstimmt“, klagt der Bassist augenzwinkernd. „Eigentlich interessiereich mich gar nicht für Sport. Aber nach so langer Zeit mit den anderen beiden bildeich mir manchmal fast ein, Fußball sei wirklich interessant. Gestern abend habe ich mich zumindest beim Fernsehprogramm mal durchgesetzt. Ich wollte einen Film schauen. Aber es kam nur ein alter James Bond. Ich habe einfach kein Glück.“ In diesem Moment entern Drummer Flo Weber und Sänger Peter S. Brugger den Raum, den Ex-6oer und jetzigen HSV-Spieler Benny Lauth im Schlepptau. Für Rüde hat es sich erst mal ausgeseufzt. YOU haveto WIN ZWEIKAMPF lautet der Beitrag der Sportfreunde zum WM-Wahnsinn (der ja nur noch „FIFA-WM-Wahnsinn“ heißen darf): elfmal Fußballfieber, Herzblut, aufgeschlagene Knie, Bänderdehnungen, Pokal-Feeling. „Wenn ich ab sofort voll ins Training einsteige, kann ich noch nachrücken „, scherzt Flo, der für die Aufnahmen eine Tourpause mit den Bolzplatz Heroes einlegt. „Ich bin in Topform!“ Peter lacht: „Dann könntest du aber nicht mehr beim Thekenteam vom Atomic Cafe mitspielen.“D&s sieht Flo ein. Man muß Prioritäten setzen können.
Da die offizielle Hymne von Grönemeyer gesungen wird, hatten die Sportfreunde eigentlich nur eine Gegenbewegungs-Mitgrölnummer geplant. „Wir hatten uns das als heimliche Hymne ä la , Football’s Coming Home’gedacht“, zwinkert Peter. Dann kam eins zum anderen, man schrieb, vom Ballfieber besessen, Song um Song. „So wurde aus der Single eine EP und schließlich ein ganzes Album. Mittlerweile haben wir sogar zu viele Songs. Mehr als elf dürfen es logischerweise nicht sein.“ Solche Probleme möchten andere Bands gerne mal haben. „Andererseits ist diese Platte für uns reiner Luxus“, weiß Peter. „Wir stehen kein bißchen unter kommerziellem Druck, denn das nächste reguläre Album ist schon in Planung. Ich hoffe nur, daß uns unsere weiblichen, nicht so fußballbegeisterten Fans unsere Leidenschaft nachsehen werden.“ Die Songs sind keineswegs nur was für Fußballproleten. Von einer „Pogo in Togo“-Coverversion über eigene Fußballerfahrungen, Kalauer-Titeln („Mein Freund ist aus Leder“) bis zur Problematik des korrekten Pöller-Looks („Die Frisur von Björn Borg“) ist alles dabei, was irgendwie mit dem Ball zusammenhängt. Und der angeblich unsportliche Rüde durfte auch einen Song beisteuern: „Tischtennis“.
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