Der Funke Funk


Wer gehört werden will, muss sich verständlich ausdrücken. Mit ihrem dritten Album holy fire sprechen die fünf Jungs aus Oxford ihre bislang klarste Sprache.

Flirrende Gitarren, abstrakte Texte, mal eskapistisch, mal rebellisch, mal romantisch. Auf ihren Alben ANTIDOTES (2008) und TOTAL LIFE FOREVER (2010) kreierten Foals einen Sound, der Dance-Punk genauso viel verdankte wie Pop und Funk. Erste Berichte über die Aufnahmen des Nachfolgers klangen so verheißungsvoll wie verwirrend. Sumpfigen Funk, stickige Riffs, Grooves aus der Curtis-Mayfield-Kiste und Voodoo-Percussions: all das, so hieß es, sollten die neuen Songs vereinen. Was im Vorfeld nach Experimenten klang, ist letztendlich ein klares Pop-Album geworden, das seine Ambitionen nicht verhehlt.

„Der Sound ist mit uns gewachsen“, erklärt Sänger Yannis Philippakis. Er breitet seine Arme aus, um sicherzugehen, dass diese Message auch ankommt. Das Publikum solle, genau wie er, eine Nähe zu den Liedern verspüren können: „Die älteren Texte waren teilweise so krude, dass ich sie irgendwann selbst nicht mehr verstand. Wie muss es dann erst den Fans gehen?“, seufzt Yannis. Dazu kam eine gewisse Entfremdung: „Du gehst mit den Songs zwei Jahre lang auf Tour, bis du eines Tages feststellen musst, dass du dich von ihnen entfernt hast.“ Auf HOLY FIRE wählt er lyrisch einen anderen Weg. Die Verzweiflung über eine „toxische Beziehung“, die etwa in dem neuen Song „Bad Habit“ thematisiert wird, versteckt er nicht hinter ewig wiederholten Drei-Wort-Sätzen. Stattdessen erzählt er Geschichten.

Yannis sieht keine Romantik darin, seine Band ewig als Untergrund-Tipp zu verkaufen: „Foals ist eine Band, die gehört werden muss, die mit den Menschen kommunizieren soll.“ Das mit der eingangs erwähnten, klaren Popmusik passt also. Wobei, dem Pop alleine wird das Feld nicht überlassen.

Da ist auch noch der Groove. Der spielte bereits in älteren Songs wie „The French Open“ (2008) eine Rolle. Dass die Band aber zuletzt auch privat gerne zu Funk-Platten griff, lässt sich auf HOLY FIRE deutlich hören. Die erste Single „My Number“, die zu 90 Prozent aus Refrain besteht (ein Versuch, der aufgegangen ist), war der Song, der am schnellsten geschrieben wurde. Eine Herzensangelegenheit für Yannis: „Ich wollte schon immer einen Hit haben, der nach Prince klingt. Das ist der Funk, den ich liebe.“

Die Simplizität. Der sich wiederholende, geloopte Groove. Gitarrist Jimmy Smith hat seine eigene Definition davon: „Wenn wir unsere Instrumente spielen, und jeder Einzelne dabei verschwindet, bis nur noch ein großer, heißer Brei aus Musik übrig bleibt. Das ist ganz schön sexy.“ Für die Foals ist der Funk auch das Bindeglied zwischen ihren experimentellen, rhythmus-orientierten Wurzeln und dem Wunsch nach Aufmerksamkeit durch die Massen. Die dicken Basslinien, das große, kühne musikalische Motiv.

Nächte wie jene im Jahr 2008, in denen Yannis alleine im Studio mit Effektgeräten spielte, und ein Kollege nach dem anderen dazustieß, bis obskure B-Seiten wie „Glaciers“ im Kasten waren, sind zunächst vorbei. Aber: „Wer weiß“, überlegt Jimmy am Ende des Interviews: „Bei der nächsten Platte haben wir vielleicht wieder Lust auf wüsten, dröhnenden Noise. Vier Tracks mit je 25 Minuten auf drei LPs. Klingt nicht schlecht.“

Albumkritik Seite 86