Das wäre aber nicht nötig gewesen… Nancy Sinatra One More Time


Die Tochter des großen Frank wollte ein bisschen am Easy Listening-Revival verdienen. Es ging in die Hose.

Es war 1966, da produzierte der legendäre Sänger, Songwriter, Arrangeur und Perfomer Lee Hazlewood eher widerwillig – den Song „These Boots Are Made For Walkin'“ für die damals 26-jährige Tochter von Frank Sinatra. „Boots“, ein Redneck-Country-Song, den Lee Hazlewood schon jahrelang in seinem Programm hatte, wurde- eher unerwartet – in der Version von Nancy Sinatra ein Riesenerfolg. Damals war das freilich mehr gediegene Unterhaltung für die ganze Familie denn zwingender Soundtrack für Swingin‘ London oder andere hippe Szenen.

Dreißig Jahre später hatten die Mechanismen der Popmusik die Schlager von gestern zum heißen Scheiß von heute erklärt und Hazlewoods Hinterwäldler-Song längst zum proto-feministischen Statement umgedeutet. Und Nancy Sinatra, wie durch ein Wunder – oder vielleicht auch durch ein bisschen plastische Chirugie optisch kaum gealtert, wollte auch ein Stückchen vom Revivat-Kuchen abhaben. Franks Tochter, die im Ruch steht, immer gerne etwas zur Vermehrung ihres Vermögens zu tun, wollte es noch einmal wissen und veröffentlichte ihr Comeback-Album „One More Time“.

Das Beste daran waren die Bilder darin. Die Fotos der kaum gealterten Nancy im CD-Booklet, die aus einer Serie stammten, die im amerikanischen „Playboy“ erschienen war und eindrücklich belegten, auf welch hohem Niveau die Schönheitschirugie Mitte der Neunziger angelangt war. Die Musik dagegen war ein garstiges Gebräu aus Country-Schlagern und Formatradio-Muzak mit grausamen Achtziger-Jahre-Gitarren und Streicherschmalz. Als krönenden Abschluss gab’s noch eine Coverversion von „Nights In White Satin“. In sechs Worten ausgedrückt: gediegene Unterhaltung für die ganze Familie. Wer weiß, vielleicht wird die Trendpolizei in dreißig Jahren „One More Time“ zum heißesten Scheiß der Saison erklären. Aber bis dahin ist ja noch ein bisschen Zeit.