Das staunste Bauklötze…ein Bauklotz zum Blasen und andere elektronische Novitäten
„Für die originellste und zukunftsweisende Neuentwicklung im Bereich der elektronischen Klangerzeugung“ wurde auch in diesem Jahr der Große Preis der ars electronica vergeben. Aus den Bewerbern, die per Einladung oder per Eigenintiative in Linz antraten, wählte eine Fachjury unter Robert Moog das electronic valve Instrument des Amerikaners Nyle Steiner zum Sieger. Das Gerät sieht wie ein langer Bauklotz aus, hat vier Drucktasten, Regler und an der Unterseite einen drehbaren Modulator, der alle Vibrator-Arten und pitch bending ermöglicht. Da der .Steiner geblasen wird, entsteht nicht der Eindruck zuweilen kalter, synthetischer Töne und die bei jedem Ton ausgelösten Trigger- und Gate-Impulse ermöglichen eine wirklich virtuose Spielweise wie Nyle Steiner selbst in Linz demonstrierte. Sein Instrument ist handlich, erfordert einen geringen apparativen Aufwand und wird inzwischen schon industriell hergestellt.
Ganz andere Prioritäten setzte sich John Driscoll mit seinem Werk „Bottom Coasting“. Das für eine Aufführung in einem leeren Swimmingpool geschriebene Stück verwendet Spiegelungen der Töne aus dem Raum, die durch Filter in ihrer Frequenz je nach Lautstärke der Signale verändert werden. Driscoll bot einen dichten Soundteppich, der nach kurzem Einhören reizvolle Klanggeflechte bot. Sein Instrumentarium ist ganz speziell auf seine Bedürfnisse hin gestaltet, so daß eine industrielle Verwertung undenkbar scheint. Doch daran hat Driscoll, der mit Erfolg für Ballett- und Bühnengruppen in den USA arbeitet, auch kaum Interesse.
Der Hamburger Daniel Kühn, ein großer Bastler vor dem Herrn, erhielt den MAGAZINdritten Preis für eine optisch sehr ansprechende Konstruktion, die eingegebene Tonsignale durch getrennt stimmbare Saiten mit vielfachen Resonanzen aufwertet. Aber auch sein Instrument wird wohl ein Einzelstück bleiben.
Für den Musikinteressierten gab es noch das Variophon der Rheinländer Jürgen Schmitz und Dr. Voigt zu hören. Von der Klangfarbendynamik ausgehend, die jedem Blasinstrument eigen ist, entwikkelten die beiden eine elektronische Variante, die über viele Klangfarben, einen großen Tonumfang und dennoch die typischen Toncharakteristiken verfügt. Schmitz, der inzwischen die Firma Realton gegründet hat, bietet derzeit ein Profi-Instrument mit einstellbaren Klangfarben und regelbaren Sondereffekten und eine Standardausführung an, die für rund 1.S00 DM fest programmierbare Klangfarben und Endverstärker bietet.
Im Sinne der Ausschreibung hatte sich die Jury für zukunftsweisende Kriterien im Sinne des Instrumentenbaus und -Verkaufs entschieden. Warten wir, um Altmeister Krennek zu zitieren, also noch auf die musikalischen Genies, die mit den erstaunlich ausgereiften Instrumenten des elektronischen Zeitalters die adäquate Musik zu machen in der Lage sind.