Das Schlangenei
Das Schlangenei
Regie: Ingmar Bergman Darsteller: Liv Ullmann, David Carradine, Gert Fröbe, Heinz Bennent.
Das also ist Ingmar Bergmans mit so großem Tamtam angekündigter 40. Spielfilm, der mit viel internationalem Geld in der Bundesrepublik gedreht — aus dem gewohnten Gefilden des schwedischen Regisseurs ausbricht. Waren Bergmans bevorzugte Themen bislang grüblerische Seelenkunde, Verlust des Glaubens und das Leid, das Menschen einander antun, so hat der Gottessucher mit der Kamera diesmal ganz handfestes Kino abgeliefert, und zwar einen regelrechten Horrorfilm mit allem, was dazu gewöhnlich gehört: Ein verrückter Wissenschaftler unternimmt Menschenversuche, entstellte Leichen werden reihenweise aufgefunden, und es wird viel Kino-Blut vergossen. Das Grauen breitet sich zumeist in unterirdischen Verliesen, in Aufzugschächten und Leichenkammern aus.
Der Wahrheit zuliebe muß gesagt werden, daß Bergman versucht, seinen 1923 im Vorhitler-Deutschland spielenden Film politisch zu verbrämen. Der amerikanische Artist Abel Rosenberg (David Carradine) und seine Schwägerin Manuela (Liv Ulimann) erleben nach dem Selbstmord von Abels Bruder in Berlin die Vorhölle – die Nazis räumen schon brutal auf mit ihren Gegnern, auf der Straße und in den „verjudeten“ Tingeltangel-Buden, wo Manuela drittklassige Cabaret-Nummern abzieht. Doch bleibt das eigentlich nur Beiwerk, wenn auch die Tortur, die von den Nazi-Schlägern dem jüdischen Nachtklubbesitzer angetan wird, zu den grausamsten,aber auch stärksten Szenen des Films gehört.
Ansonsten steuert in sattsam bekannter Horrorfilm-Manier alles auf den Arzt Dr. Vergerus (Heinz Bennet) zu, der sich hier wie eine Mischung aus Dr. Jekyll, Dr. Mabuse und Frankenstein aufführen muß. Daß Ingmar Bergman diesen Menschenschlächter und Leichenschnapper als den typischen Vorboten der brauen Nazi-Tyrannei aufbaut, zeigt, daß er vom Nationalsozialismus wenig weiß, ja daß er wohl überhaupt kein politischer Mensch ist. Die Nazis waren selten irre Sadisten, die in dunklen Kellern ihr blutiges Handwerk ausübten; sie waren vielmehr Bürokraten des Todes, die den Massenmord sozusagen industriell betrieben.