Covervisionen: Album-Artworks unter der Lupe. Diesmal: Under The Blacklight von Rilo Kiley
Das komplette Artwork entstammt den kreativen Hirnen von Sängerin Jennifer Lewis und Bassist Pierre de Reeder- wie “ gewohnt: „Alle unsere Couer sind Gemeinschaftsarbeiten“, sagt Lewis. „Normalerweise kommen Pierre und ich mit einer Idee an und diskutieren sie mit den anderen.“ De Reeder gestaltete 2006 auch Lewis‘ zusammen mit den Watson Twins eingespieltes Soloalbum Rabbit Fur Coat. In seinem Prä-Rilo-Kiley-Leben war er hauptberuflich Grafiker. Da ihn das Tourleben von der geregelten Ausübung seines eigentlichen Jobs größtenteils abhält, lässt er seine grafischen Talente nur noch für Coverwünsche befreundeter Bands wirken.
Die „Blacklight Bar“ im Osten Hollywoods ist kein Etablissement, in dem man Rilo Kiley als Stammkundschaft kennt. Liegt vielleicht daran, dass sich der Club einem Latino-Transgender-Publikum widmet und kein Bandmitglied in diese Kategorie so recht hineinpassen will. Nach eigenen Aussagen war die Gruppe nur einmal in der Bar: Am Vorabend des Shootings stemmte man dort einige „wenige“ Kaltgetränke weg. Der eine Teil des Schriftzugs, das, „Blacklight“, ist der Originalschriftzug der Bar. „Under The“ wurde ins Bild hineingephotoshoppt.
Die Fotos im Booklet entstanden alle in der „Blacklight Bar“. Die Personen – an den Charakteren der Songs orientiert – wurden über die San Franciscoer Internetplattform Craigslist gesucht. „Wir schalteten Anzeigen, in denen wir die Leute aufforderten, als Witwe, Zigeuner oder Transvesiit zu erscheinen“, sagt Lewis. „Mein Patenonkel musste als Toter antanzen, weil es im Titelsong um einen Verstorbenen geht. Er lag die ganze Zeit im Sarg und schlief dabei irgendwann ein. Das war echt spooky.“ Huf einem Bild ist Gary Burden zu sehen – laut Band „eine Legende in LA“. Der angesehene Grafikdesigner arbeitete für Neil Young, Joni Mitchell, Crosby Stills, Nash, den Eagles und Jackson Browne. „In LA. kannst du solche Anzeigen überall schalten“, sagt Lewis, „du findest immer Leute, die für wenig oder gar kein Geld mitmachen.“
Das Album erscheint in den USA in lilafarbenem Jewelcase, um laut Lewis einen „Fake-Schwarzlichteffekt zu kreieren“. Für Europa muss es ein violetter Sticker tun; der Aufwand, CDs in andere als durchsichtige Verpackungen zu schieben, ist scheinbar immenser, als wir uns vorstellen können.
Für das Front-Foto zeichnet Autumn de Wilde verantwortlich. Die 37-Jährige ist der Spross von Jerry de Wilde, der bereits Jimi Hendrix ablichtete und auch auf dem Monterey Pop Festival knipste. Ohne fotografische Ausbildung erwarb sie all ihre Skills von ihrem Vater. Laut Jenny Lewis ist Autumn „ein Naturtalent und hat ein großartiges Auge für ihre Bilder“. Die Exzellenz ihres Sehorgans zeigte die New Yorkerin auf Covers von Beck, Raconteurs, White Stripes und Elliott Smith. Letzteren knipste sie für sein Magnum Opus Figure Eight vor einer spiralförmig bepinselten Hauswand in Los Angeles (4334 W. Sunset Boulevard), seit Smiths Tod eine Pilgerstätte für Fans und nicht weit von der „Blacklight Bar“. Autumn führte auch Regie beim Video zur aktuellen Single „The Moneymaker“. für das die Band Pornostars castete und ihnen vorgaukelte, sie nähmen an einer Softcore-Produktion teil. Die gerade aus dem Blickfeld der Linse stolpernden Gestalten auf dem Cover sind Passanten – „sweaty dudes“ (Drummer Jason Boesel). „Die Unruhe, die das Vorbeigehen der Leute erzeugt, passt gut zur Stimmung des Albums – vor allem zu den Lyrics des Titelsongs“, sagt Lewis. Der Dresscode-Frau Lewis in Gold und der Rest in klassischem Schwarz-Weiß – wird auch im Booklet beibehalten. Das eindeutige Herausstechen der Sängerin zieht sich ohnehin durch die gesamte Bandästhetik: Auch auf Konzerten ist es stets Lewis, die sich klamottentechnisch komplett von ihren Kollegen abhebt.