Country Festival


In Texas gehen die Uhren anders. Vor allem, wenn es um Musik geht. Haus-Rocker wie ZZ Top füllen natürlich riesige Hallen: zu Prince und Madonna geht man halt, weil die gerade in Mode sind, aber so richtig geht die Post erst ab. wenn Country Music angesagt ist. Nicht Johnnv Cash und nervtötende Banjo- und Fiddleklänge. die man in unseren Breiten als Westernmusik verkauft, sondern moderne Country Music. Viel Country. wenig Western.

Bestes Beispiel dafür: das Marlboro Country Music Festival in San Antonio. Texas. 14.000 Menschen füllen die riesige „Hemisfair Arena“ bis auf den letzten Platz, und zehnmal soviel wären gekommen, wenn es genug Karten gegeben halte. Großkampttag für den Ordnungsdienst. Es ging zu wie bei einem Rockkonzert in den 60er Jahren, als die 16jährigen noch heulten und schrien und reihenweise in Ohnmacht fielen, wenn die Beatles oder Stones auch nur die Bühne betraten. Mit dem Unterschied, daß in San Antonio auch gestandene Manner und Hausfrauen die Fassung verloren.

Und das aus gutem Grund. Was in San Antonio über die Bühne ging, verdiente das Prädikat Extraklasse. Zum Beispiel die Judds: Mutter Naomi und Tochter Wynonna aus Kentucky, trotz des Altersunterschieds kaum auseinanderzuhalten. Ein Sound, der von akustischen Gitarren geprägt ist und traditionelle Elemente mit jazzigen und rockigen Arrangements verbindet. Nicht umsonst wurden die beiden zur besten Country-Gruppe des Jahres gewählt.

Oder Ricky Skaggs. Eher was für ältere Fans, weil er die traditionelle Musik der Berge spielt. Ein Virtuose auf Akustikgitarre und Mandoline und einer, der Country Music auch lebt. Rauchen und Trinken sind in seiner Familie verpönt, und ein Gitarrist flog sogar mal aus der Band, weil er eine Whiskyflasche zu scharf angeblickt hatte. Aber spielen kann er. der Ricky, und in San Antonio jubelten ihm nicht nur die Bluegrass-Fans zu.

Ausrasten war angesagt, als George Strait die Bühne betrat. Ein braver Rancher aus Texas, ein Kuhjunge wie du und ich, der selber schon Kälber eingefangen hat und deshalb so gut ankommt bei den Cowgirls und Cowboys. Und nicht nur bei denen. Neben mir standen zwei eingefleischte Rockfans, die den Mund gar nicht mehr zubekamen, als George und seine „Ace-in-the-Hole“-Band so richtig loslegten. Da tobte die Halle zum treibenden Sound der Twin-Fiddles. und bei den stimmungsvollen Balladen brannten die Wunderkerzen wie in Europa nur bei Chris de Burgh. Country Music — made in USA. Die -hat längst nichts mehr mit der Hinterwäldler-Musik aus Virginia zu tun, ist längst erwachsen geworden und macht dem Pop heftige Konkurrenz. Gruppen wie Alabama. Restless Heart und Southern Pacific. Barden wie Willie Nelson und Waylon Jennings und Ladies wie Crystal Gayle. Emmylou Harris und Dolly Parton fürchten sich schon lange nicht mehr vor der Konkurrenz aus der anderen Etage, haben ihr in vielen Gegenden sogar den Rang abgelaufen. Weil in der Country Music noch Melodien gefragt sind, weil sauber und ohne große Mätzchen produziert wird, und weil Country Music beim Autofahren so angenehm im Ohr klingt.

Auch in unseren Breiten kommt man langsam auf den Geschmack. Da besingen Tmck Stop zwar noch immer ihren Dave Dudley und die Louisiana Ladies, und auch der Tom Astor mag es lieber traditionell, aber in Berlin rocken und swingen Western Union, als gelte es. den Amerikanern Konkurrenz zu machen. Und das taten sie dann auch, der Larry Schuba und seine Mannen. Als zweifache Gewinner des deutschen Marlboro Country Music Festivals wurden sie von Philip Morris zum Country-Großkampftag nach San Antonio eingeladen. Und dort ließen sie als Vorgruppe zu den Judds, Ricky Skaggs und George Strait ordentlich den Bär steppen. „Auf der Autobahn“, die deutsche Version von „On the Road Again“, und „Der liebe Gott muß doch ein Cowboy sein“ rissen auch die verwöhnten Texaner von den Sitzen, und die „Express-News“ verglichen Western Union sogar mit der amerikanischen Supergruppe Alabama.

Auch in Deutschland soll es für Western Union in Zukunft stärker losgehen. Mit einem besseren Sound und einer großen Plattenfirma. Tony Carey, der Produzent von Peter Maffay und Joe Cocker, will die neue LP von Western Union produzieren.