Coronavirus: Wie geht die Livebranche damit um? Welche Rechte haben Konzertbesucher?


In der Schweiz sind bereits alle Veranstaltungen ab einer Publikumsgröße von 1000 Personen untersagt, in Frankreich sind nur noch maximal 5000 Zuschauer erlaubt. In Deutschland gibt es noch keine so drastischen Maßnahmen, es wurden allerdings schon Messeveranstaltungen wie die Leipziger Buchmesse und die Hannover Messe abgesagt. Livekonzerte dürfen bislang noch stattfinden. Wirkt sich das Coronavirus trotzdem schon auf die Konzertbranche aus, und was müssen Konzertbesucher*innen beachten? Wir haben nachgefragt.

Wie der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) e.V. aktuell mitteilte, sind die Auswirkungen des Coronavirus auf die deutsche Konzertbranche bereits deutlich spürbar: „Wir beobachten bereits seit einigen Tagen einen erheblichen Einbruch bei den Kartenverkäufen und Inhaber von Karten versuchen zunehmend, diese gegen Erstattung des Eintrittsgeldes zurückzugeben“.

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CTS Eventim ist das marktführende Unternehmen für den Vertrieb von Konzerttickets in Europa und gleichzeitig Veranstalter von Konzerten, Tourneen und Festivals. Entgegen der Mitteilung des BDKV stelle man dort bislang aber „nur vereinzelte Auswirkungen auf unser Geschäft fest, zum Beispiel in (Nord-)Italien und in der Schweiz, wo einzelne Veranstaltungen verschoben werden müssen“, wie Thomas Kollner, Leiter der Unternehmenskommunikation, auf unsere Anfrage berichtet.

Normale Schwankungen im Vorverkauf – oder mehr?

Auch die kleineren Konzertveranstalter Puschen und die Zart Agency aus Berlin nehmen nach eigener Aussage noch keine größeren Auswirkungen auf ihr Geschäft wahr. Andreas Oberschelp, Geschäftsführer der Konzert- und Promotion-Agentur Puschen, stellt zwar einen „minimalen Rückgang bei aktuellen Ticketvorverkäufen in der vergangenen Woche“ fest: „Das kann aber durchaus auch eine normale Schwankung sein kann. Ansonsten spüren wir hier im Inland noch nichts“.

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Das sieht bei der Konzertdirektion von Karsten Jahnke in Hamburg ganz anders aus. Während die meisten anderen Veranstalter, bei denen wir angefragt haben, keine genaueren Auskünfte zu den Auswirkungen auf ihr Geschäft machen wollen, teilt uns Karen Gerlach, Pressesprecherin des Hamburger Tournee- und Konzertveranstalters, mit, dass bei ihnen in der vergangenen Woche im Ticket-Vorverkauf ein sehr deutlicher Rückgang von um die 50 Prozent festzustellen war.

Droht der „wirtschaftliche Kollaps“?

Die Branche zeigt sich nervös: „Die Auswirkungen, die zu befürchten sind, gehen in die Richtung, dass die momentane Mediensituation und deren verbreitete Panik endgültig über Vernunft siegt“, heißt es von Seiten der Zart Agency. Das Problem für Veranstalter, Booker und Promoter: Sie haben für Gigs und Tourneen bereits Vorlaufkosten (Marketing usw.), auf denen sie sitzen zu bleiben drohen.

Sollten tatsächlich Konzertveranstaltungen über mehrere Wochen hinweg von Seiten der Behörden abgesagt werden, könnte einigen Unternehmen durchaus der „wirtschaftliche Kollaps“ drohen, wie es der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft skizziert hatte. In der Musikbranche seien „die Margen klein und das finanzielle Risiko sehr hoch“, heißt es von Zart, und kleine, unabhängige Veranstalter und Kulturbetriebe seien ohnehin laufend in ihrer Existenz gefährdet. Das heißt: Ein Veranstaltungsverbot, gerade wenn es sogar auch Clubkonzerte betreffen sollte, könnte zum echten Problem werden – gerade für die Kleinen.

Ist von einem Konzertbesuch abzuraten?

Aber wie steht es um Konzertbesucher*innen, die sich Gedanken darüber machen, ob sie aktuell einen Club oder eine Halle besuchen sollen? Martin Witzenrath von der Infektiologie der Charité Berlin teilte auf unsere Anfrage dazu mit: „Ich würde einem jungen, gesunden Menschen ohne beruflichen oder privaten direkten Kontakt zu chronisch Kranken am heutigen Tage nicht vom Besuch eines Clubkonzerts abraten. Sehr wohl aber einem akut oder chronisch Kranken. Außerdem kann sich die Gefahrenlage rasch ändern.“ 

Können Ticketbesitzer ihr Geld zurückverlangen?

Wenn aufgrund behördlicher Anordnungen Konzerte ausfallen, wird zuerst nach einem Ersatztermin gesucht. Ist ein solcher nicht möglich, wird das Eintrittsgeld zurückgezahlt. Doch bislang gibt es eben noch keine Absagen oder Verlegungen – das bedeutet: Wer aus Angst vor Ansteckung nicht auf ein Konzert geht, tut das auf eigene Kosten.

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