Compact Discs


Vorsicht beim Kauf von Beatles-CDs! Es könnte schwarze Ware aus Japan sein, die zur Zeit in miserabler Klangqualität das Land der aufgehenden Sonne unsicher macht. Aber auch bei den regulären Beatles-CDs ist nicht alles Gold, was silbrig glänzt. CD-Experte Franz Schöler berichtet.

Dieselbe Firma, die die Mono-CDs der Beatles zu verantworten hat, brachte jetzt den Beach Boys Sampler Spirit Of America auf Digitalplatte raus — wie nicht anders zu erwarten natürlich auch durchgängig als Mono-Mix! Dagegen war immerhin ein Dutzend der 23 Aufnahmen auf dem gleichnamigen Doppelalbum in den Stereo-Originalen zu haben, so daß man von dem US-Import (Capitol CDP 746618-2) besser die Finger läßt.

Von den Beatles wiederum gibt es in Japan mittlerweile ein gutes Dutzend CDs mit den originalen Parlophone/Apple-Aufnahmen. Gehandelt werden die allerdings nur unterm Ladentisch. Denn es handelt sich um Raub-Ware, die von Analogpressung überspielt wurde, sogenannte „Identfälschungen“ also gleich im doppelten Sinn. Denn während solche „counterfeits“ als LP oder MC oft von geklauten Bändern oder Werkzeugen produziert werden, sind diese CDs von schwarzen Scheiben transferiert worden.

Ob jemand damit wirklich den „schnellen Yen“ machen wird, ist zweifelhaft. Denn beim EMI-Konzern wird man letzt doch relativ zügig das komplette Beatles-Repertoire bis Jahresende auf Digitalscheiben bringen. Für das zweite Paket von drei CDs benutzte man im Fall von Revolver (Parlophone CDP 746441-2) unverändert das Stereo-Original — also auch mitsamt den etwa bei „Here, There And Everywhere“ hörbaren Bandstörungen. Für Help! und Rubber Soul (CDP 746439-2 und 746440-2) holte Produzent George Martin die Vierspur-Bänder aus dem Archiv und mischte sie weitestgehend neu ab: mit etwas „mehr“ Baß, von Titel zu Titel unterschiedlicher Hochton-Balance und teilweise offenbar auch mit Hall-Beimischung auf Stimmen und Gitarren. Außerdem reduzierte er die Stereo-Basisbreite (extremer Links-Mitle-Rechts-Effekt bei HELP!, starkes Ping-Pong-Stereo bei sieben Titeln von Rubber Soul) ganz erheblich, indem er jeweils den Solo-Sänger und Instrumente mehr mittig abmischte und speziell bei Rubber Soul so den Loch-in-der-Mitte-Effekl milderte. Die Unterschiede zum ursprünglichen Stereo-Mix hört man extrem bei Songs wie „Girl“ und „In My Life“, „Tell Me What You See“ oder auch „l’m Looking Through You“ mit den deutlich angehobenen Höhen.

Ob man über die kosmetischen Retuschen in jedem Fall glücklich sein muß, sei dahingestellt. Bei „Yesterday“ beispielsweise hört man auf der Analogscheibe am Ende noch, wie der Gitarrist mit seinem Instrument hantiert (rechte Stereo-Spur), während links die Streicher ausklingen. Dies Griffgeräusch wurde bei der Abmischung des Digitalbandes hastig ausgeblendet, so daß auf CD da nur noch linker Kanal zu hören ist. Die technischen „Unvollkommenheiten“, die man meinte ausmerzen zu müssen, gehören ja eigentlich zum Live-Realismus, in dem viele frühe Beatles-Aufnahmen so verblüffend gut eingespielt wurden. Warum also nachträglich ändern und in falsch verstandenem Perfektionswahn schneiden, was für die AufnahmeÄsthetik wesentlich war? Trotz aller vorgenommenen Änderungen sind die CD-Versionen von Help! und Rubber Soul wärmstens zu empfehlen.

Im übrigen beweisen auch die jetzt auf CD vorgelegten Coltrane-Aufnahmen der Impulse-Serie, wie vorzüglich damals schon die Aufnahmetechnik war, wenn der Mann am Mischpult mit seinen wenigen Mikro-Eingängen sein Handwerk verstand. Stones-Fons wiederum werden sich wundern, wenn ihnen zufällig der 2 CD-Sampler More Hot Rocks (abkco 62672/US-lmport) mit dem Stereo-Mix von Muddy Waters‘ J Can’t Be Satisfied“ in die Finger kommt. Solch unfreiwillige „Zufälle“ beweisen nämlich, was Kenner längst wußten: Praktisch alle in den Chessund RCA-Studios produzierten Einspielungen der Rolling Stones wurden auf Vierkanal-Maschine aufgenommen, leider aber bis heute selbst auf CD nur mono gemischt veröffentlicht. Wobei Ausnahmen wie immer die Regel bestätigen.

Von BOB DYLAN sind inzwischen als reguläre deutsche CD-Veröffentlichungen unter anderem Highway 61 Revisited (CBS 62572), John Wesley Recording (CBS 63252) und At Buddukan (CBS 96004) erhältlich. Dagegen sind die Greatest Hits Vol. II (hierzulande als Doppelalbum More Bob Dylan Greatest Hits betitelt) vorerst nur als US-Import greifbar. Um ein lupenreines Bootleg handelt es sich bei den Gaslight Tapes (Laser 76025), Live-Mitschnilten von Ende ’62, die den Sammler vornehmlich wegen der Spieldauer von gut 71 Minuten entzucken dürften.

Eifrig importiert werden nicht nur solche Raub-Waren, sondern auch reguläre „Oldies“-CDs mit hohem Sammelwert für Kenner und Liebhaber, etwa das Nick Drake-Debüt Five Leaves Left (Island CID 9105) und eine Fleetwood Mac Collection (Castle Communications CCSCD 157) oder auch der fabelhafte Eddie Cochran -Sampler Rock’n’Roll Legend (Rockstar Records RSRCD 001/Teldec Import Service) aus England, der CCR-Klassiker Bayou Country aus Japan (JVC VDP-5038) und aus den USA Plättchen wie The Ultimate Rascals (Warner Special Products 927 605-2) oder Gordon Lightfoots If You Could Read My Mind (Reprise 6392-2). Vorsicht bzw. vorheriges Reinhören ist mehr denn je geboten, wenn man auf absolut obskure Namen von Plattenfirmen wie „Overseas Records“ etwa bei einer 16 Greatest Hits-CD der Animals stößt. Denn erstens sind das selten die Originalaufnahmen, und zweitens ist es möglicherweise schlecht um das Rückgaberecht bestellt, wenn man sich solche „Zitronen“ eingehandelt hat.

Verkauft hat sich, wer als Analogscheibe Jefferson Airplanes’s Rückblick 2400 Fulton Street erwarb. Gegenüber der Doppel-LP bieten nämlich die beiden CDs gleich 11 Titel bzw. knapp 44 Minuten mehr als der Vinyl-Sampler, darunter den Live-Mitschnitt von Donovans „Fat Angel“ und die beiden Cammercials, die Jefferson Airplane für die Jeans desselben Herstellers produziert hatte, durch den neuerdings wieder Ben E. King und Percy Sledge in die Hitparaden katapultiert wurden. Allerdings bestätigt der US-Import (RCA 5724-2-R-P1 + 2) auch, daß ausgerechnet After Bathing At Baxter’s und Bless It’s Pointed Little Head wirklich keine Meilensteine der Aufnahmetechnik waren.

Als solche galten schon eher Produktionen von STEELY DAN, jener Band/Duo-Formation, von der jetzt nach der deutschen Veröffentlichung von CAN’T BUY A THRILL, COUNT-DOWN TO ECSTASY, PRETZEL LO-GIC und THE ROYAL SCAM (alle auf MCA) praktisch das Gesamtwerk auf Digitalplatte vorliegt. Fast komplett sind jetzt auch die späteren Jahre von LED ZEPPELIN (von PHYSICAL GRAFFITI bis CODA) auf CD dokumentiert, und auch von BOB MAR-LEY & THE WAILERS erschienen gleich drei neue CDs, nämlich NATTY DREAD (Island 258 180) – leider ohne die Texte, die der LP beilagen — , RASTAMAN VIBRATION (Island 258 169) in etwas besserer Klangqualität, dafür ohne den LP-Cover-Hinweis ,This olbum Jockei is great for cleoning herb!“, weil sich Plastik-Spritzguß-Hüllen dafür kaum eignen, und schließlich SURVIVAL (Island 250 911) in einer für CD drastisch besseren Überspielung als vorher bei der Ariola-LP.

Um technische Verbesserung war man wohl auch bei Line Records bemüht, als man dort das Rauschen von Aufnahmen wie JON LORDS SARABANDE (Line 842.124), REPER-CUSSION on den db’s (Line 842.032) oder CRAZY RHYTHMS von den FEELIES (Line 842.168, alle über Ariola/RCA-Import) mit Hilfe eines Kompandersystems beseitigen wollte. Nur läßt sich das halt doch nicht problemlos bewerkstelligen. Auf den CDs jedenfalls hört man jetzt deutlich Regel-Effekte der benutzten Apparatur, die — weil auch bei leisen Musikpassagen höchst unangenehm auffallend — schlimmer sind als Bandrauschen, an das man sich zur Not gewöhnt.

Wer CDs unter dem Aspekt überdurchschnittlich guter Aufnahmequalität auswählt, ist mit drei Neuheiten bestens bedient: DWIGHT YOAKAM und SUZANNE VEGA legten mit HILLBILLY DELUXE (Reprise 925 567-2) und SOLITUDE STAN-DING (A&M 395 136-2) ihre jeweils zweite Produktion vor, und auch TRIO von DOLLY PARTON, EM-MYLOU HARRIS und LINDA RONSTADT (Warner Bros. 925 491-2) gehört zu den klanglich herausragenden Aufnahmen der letzten Zeit. Nicht übel ist auch BLAST OF SILEN-CE, das bislang letzte Werk der GOLDEN PALOMINOS (Celluloid CEL N. Y. 6127 D), eine High Tech-Angelegenheit natürlich SIGN OF THE TIMES oder PRINCE (Paisley Park 925 577-2), mehr als passabel das SMITHEREENS Debüt ESPE-CIALLY FOR YOU (Enigma/Intercord Import 971 284), das als CD etliche Monate vor der deutschen LP-Pressung erschien!

Rausgekommen sind auch noch vier absolute Muß-CDs, die so oder so in keiner Sammlung fehlen sollten, nämlich MEDITATIONS von JOHN COLTRANE (Impulse 254 621-2), TOM WAITS‘ SWORDFISHTROMBO-NES (Island 255 774), VAN MORRI-SONS Klassiker ASTRAL WEEKS (Warner Bros. 246 024) und auf einer CD die beiden LPs von ALEX CHIL-TONS BIG STAR (# 1 und RADIO CITY, Big Beat CDWIK 910/Teldec Import Service), von denen die erstere auf Grund der begrenzten Speicherkapazität um zwei Songs „amputiert“ wurde. So bringt’s die CD mit 22 Titeln immer noch auf knapp 70 Minuten Spielzeit… immerhin. ASTRAL WEEKS ist mit gut 47 Minuten natürlich komplett und in bislang bester Überspielung überhaupt erhältlich. Und weil man Platz nicht verschenken muß, bietet die CBS auf der R. E. M. -Raritätensammlung DEAD LETTER OFFICE (ILPCD 450961-2) gleich noch die komplette Debüt-EP CHRONIC TOWN. Wieder mal nur auf CD. (fsch)