CD- Platten


Die Annahme, man würde mit jeder CD eine der LP derselben Aufnahme überlegene Klangqualität erwerben, erweist sich immer wieder mal als Wunschdenken oder Irrtum. — Sogar bei Produktionen neueren Datums. So weist beispielsweise einer der Top-Seller der letzten Monate, nämlich M0VIN- von Jennifer Rush (CDCBS 267 Hl), auf Silberscheibe einen erheblichen Hochton-Abfall gegenüber der Analogscheibe auf. Über den Grund dafür kann man nur spekulieren: Entweder wurden vom — gelegentlich doch merkbar rauschenden — Analogmutterband ganz bewußt in den Höhen entzerrte PCM-Kopien gezogen, oder aber das Master wurde bei der Überspielung falsch eingemessen.

Dritte mögliche Erklärung ist allerdings noch die, daß man beim LP-Umschnitt die Höhen bewußt angehoben hat, um auf Platte oder für die Rundfunkausstrahlung ein „brillanteres“ Klangbild zu erzielen. Toningenieure und Produzenten werkeln da bekanntlich oft gemäß eigenen Klang-Philosophien“, und 1:1 -Übertragung ist oft gar nicht mal gewünscht.

Im Regelfall bietet die CD – jedenfalls wenn der Prozessor störungsfrei funktionierte — das 1 :1 -Abbild des digitalen Master-Tape. Gute Beispiele dafür waren in den letzten Wochen etwa das Latin Quarter-Debüt MODERN TIMES (RCA ZD70840), das jüngste R. E. M.-Werk FABLES OF THE RECONSTRUCTION (CDILP 26525), BORN YESTERDAY von den Everly Brothers (Mercury 826 142-2) und zwei weitere Debüt-Produktionen, nämlich die von Feargal Sharkey (Virgin 610 613-225) und PICTURE BOOK von Simply Red (Elektra 960 452-2). Im Wesentlichen ist bei sorgfältigem Transfer gehörmäßig kaum ein Unterschied zwischen LP und CD festzustellen.

Ob man sich Bob Dylans BIOGRAPH als 5 LP-Kassette oder als 3 CD-Set (CDCBS 66509) zulegt, hängt da mehr von den Möglichkeiten des eigenen Geldbeutels ab. Diese Aufnahmen aus den Jahren 1961 bis 1981, im Sound doch oft ziemlich antik anmutend, sind bis auf das Rillen“Knuttern“ der holländischen CBS-LPs insgesamt identisch im Klang.

Auch eine Produktion wie Dylans STREET LEGAL, die seit kurzem ebenfalls auf CD vorliegt, überforderte schon zur Entstehungszeit (1978) nicht die Möglichkeiten der LP-Macher: die Klangunterschiede in den Höhen sind in diesem Fall eher auf andere Entzerrung und Aufsprechpegel zurückzuführen. Auf CD tönt Dylans Stimme in diesem Fall weniger „nasal“ verfärbt (CDCBS 86067).

Nur darf sich dennoch ärgern, wer aus diesem Grunde die Digitalscheibe kauft. Denn hier fehlen wieder mal die Songtexte, die der LP selbstverständlich beilagen. Überhaupt ist die Ausstattung von wichtigen Rock-Produktionen, die auf CD wiederveröffentlicht werden, immer wieder ein Beweis für die Spartüchtigkeit der Firmen. Besonders sparsam verfährt da die amerikanische MCA, die der Who-Doppel-CD von QUADRO-PHENIA (MCAD 2-6895) gerade noch auf Faltblättern die Texte spendierte, der als LP so üppig, ausgestatteten LIVE AT LEEDS (MCAD-370(10) aber nicht mal als Mini-Faksimiles die vielen Memorabilia beifügte, die Townshend 1970 den Who-Fans in der originellen Verpackung vermacht sehen wollte.

Entschädigt wird man dafür wie auch im Fall von OGDEN’S NUT GONE FLAKE (Castle Communications MICD 2001/England-lmport)

durch die wesentlich bessere Klangqualität, in der die Aufnahmen jetzt zu haben sind. Die im legendären Tabakdosen-Cover verpackte Small Faces-Produktion war in den 70er und 80er Jahren meist in ziemlich schlimmen LP-Überspielungen neuerlich gepreßt wvrden. Da bietet jetzt die CD. auch im Vergleich zu der frühesten Electrola-Pressung von 1968, denn doch wohl die Psychedelic-Pop-Märchen von Marriott, Lane, McLagen & Co. in der bestmöglich machbaren Klanggestalt. Als „Bonus“ erhält man hier noch eine Live-Version von „Tin Soldier“.

Ob sich allerdings LP-Käufer über diese ganze Verkaufsmasche mit den Bonus-Titeln freuen können, wage ich zu bezweifeln. Wenn die letzte Sade-CD genauso wie M1DDLE OF THE NIGHT von Taka Boom (Polydor 827 613-2) oder EASY PIECES von Lloyd Cole And The Commotions (Polydor 827 670-2) zwei bzw. drei Titel mehr als die LP enthält, dann ganz sicher nicht, weil die nicht auch auf LP unterzubringen gewesen wären. Schneidtechnisch wäre das sogar bei LOST IN THE STARS – THE MUSIC OF KURT WEiLL auf Analogscheibe trotz Spieldauer von gut 67 Minuten machbar gewesen! Grotesk wirkt diese Taktik erst recht, wenn die relativ beste neue Lloyd Cok-Nummer „Big World“ nw auf CD zu haben ist; bei einer Gesamtspielzeit von nicht mal 48 Minuten!!!