Cardigans


Alle Jahre wieder bedenkt die Dachorganisation der britischen Musikindustrie die Großverdiener unter den Bands und Sängern mit den „Brit-Awards“. Die Wochenschrift ‚New Musical Express‘ kontert diese Nabelschau mit den „Brat-Awards“, die an die frischesten Talente des vergangenenn Jahres verliehen werden. 24 derart geehrte Alternativ-Großen teilen sich dann sechs Abende lang die Bühne des Astoria — und von diesen wiederum dürfen einige im Rahmen der „Brats Bus Tour“ noch länger durch London tingeln. Während die vier Damen von Fluffy den Sprung auf besagten Bus wohl eher wegen ihres Aussehens geschafft haben dürften, sind die Cardigans in erster Linie wohl aus musikalischen Gründen mit an Bord. Die fünf Schweden haben sich mit dem flauschigweichen Charme ihres jazzigen Easy Listening-Albums ‚Life‘ sogar einen Platz in den Mainstream-Charts sichern können. Beim Konzert aber trübt Sängerin Nina gleich zu Beginn die Hörfreude: Kann sein, daß es die Nerven sind, die ihr einen Streich spielen — auf jeden Fall hat ihre Stimme an diesem Abend nichts von dieser federleichten Art, über die Songs hinwegzugleiten, die man von Platte kennt. Nein — Nina singt ganz klar falsch. Und leider kommen all die jazzigen Nummern —- ‚Carnival‘, ‚Hey! Get Out Of My Way‘ —- bereits am Anfang, wo auch sonst noch da und dort der Rost an den Leitungen sichtbar ist. Wo die Schweden noch auf dem Plattencover ein liebevolles Sixties-Image präsentieren, ist neben der angemessen Petula Clark-mäßigen Nina ein altmodisches Keyboard das einzige, was sie live von Bands wie Blur unterscheidet. Erst gegen Ende des Gigs lassen die Cardigans Konzept Konzept sein und gewähren ihrer wahren Natur freien Lauf: Da mutieren die Schweden zu einer Gitarren-Popband britischer Prägung, die ohne den jazzy Einschlag wie befreit aufspielen kann und nach Herzenslust drauflosschrammelt. So bleibt letztlich der Eindruck einer Band, der ihr Konzept zu schnell den Erfolg brachte, noch ehe sie es richtig im Griff hatte. Schade.