Buitt To Spill: Berlin, Columbia Fritz


DER MANN SIEHT AUS WIE EIN SOZIALDEMOKRATISCHER Realschullehrer. Aber wir sind ja auch nicht hier, um Popstars zu sehen, sondern um der Rettung des Gitarrenrocks beizuwohnen. Die haben sich Doug Martsch und seine Kollegen Brett Nelson und Scott Plouf zwar so nicht auf die Fahnen geschrieben-dazu sind die Herren aus Boise, Idaho, viel zu zurückhaltend -aber mit etwas Sentimentalität mag man angesichts allerorten dahindümpelnden Post-Alternative-Gerockes in den Aktivitäten von Built To Spill schon so etwas wie eine Offenbarung sehen. Und Sentimentalität ist erlaubt, denn groß war die Freude, als Martsch anläßlich des vierten BTS-Albums „Keep It Like A Secret“ die erste Deutschland-Tour seit Gründung seines Unternehmens 1992 ankündigte. Jetzt sind sie da, Tränen stehen in Augen und ein Soundwall im Raum. Durch Gast Jim Roth von den Seattler Startlochhockern The Delusions an Gitarre und Lapsteel-Guitar zum Quartett erweitert und so keinerlei Limitierung unterworfen, heben Built To Spill regelrecht ab. Jeder von Martschs trick- und wendungsreichen Beinahe-Popsongs wird nach Lust und Laune ausgedehnt. In ausufernden Instrumentalpassagen spielen sich Martsch und Roth konzentriert die Bälle zu, schichten das beste, was ihre Verstärker hergeben übereinander, verschachteln kunstvoll Riffs, bauen Spannungen auf und liefern auch immer die dazugehörigen Eruptionen. Ein klingelnder, schillernder, heulender, strahlender Himmel voller Gitarren – dazu singt Martsch mit dieser brüchig-hohen Stimme, die den Vergleich endgültig aufdrängt: sind Built To Spill die Neil Young and Crazy Horse fürs neue Jahrtausend? Wenn das nicht schon Neil Young and Crazy Horse wären, könnte man sich glatt dazu versteigen.