Boom Box: „Hits From The Blog“ von Lil Bibby, Lil B, Young Thug und Rome Fortune
Hervorgezerrt aus dem Innanet: sehr gute Musik von Lil Bibby, Lil B, Young Thug und Rome Fortune.
Chief Keef ist der junge Draufgänger aus Chicago, der Kanye gerne wäre, wenn ihm der ganze Kunst- und Kim-Quatsch mal wieder über den Kopf wächst. Lil Bibby ist der junge Draufgänger aus Chicago, der das Zeug hat, beide Welten zu vereinen – der nächste Star der Drill-Rap-Szene. Auch sein Sound orientiert sich am typischen, nihilistischen 808-Grollen des Genres, aber der Teenager mit der Stimme eines leidgestählten Veterans füllt ihn mit ausgefuchsten Reimen und Swag. Einen guten Überblick über sein fransiges Frühwerk gibt die Compilation HEIR APPARENT, auf der auch Bibbys Reimpartner Lil Herb alias G Herbo zu hören ist. Frisches Material besorgt man sich am besten mit dem Mixtape FREE CRACK. Mischen und Mastern muss man sich hier dazu denken, aber allein wie der Bursche auf „Bibby Story“ reinbrettert, ist alle Ohrenkrätze wert.
Auch Lil B (nicht verwandt, nicht verschwägert) hat neue Hitze parat: Sein Mixtape BASEDWORLD PARADISE ist der Nachfolger von seinem 101 Tracks starken Weihnachtsgeschenk 05 F*CK EM und zeigt den Pionier des Weirdo-Rap in alter Stärke. Die Beats – irgendwo zwischen somnambulen Triumphmärschen und New Age im Geocities-Dub – ignoriert er wie üblich geflissentlich. Stattdessen stilisiert er sich zur Reinkarnation von 2Pac.
In Young Thug reift derweil der erste Superstar der Generation eins nach Lil B heran. Der 22-Jährige aus Atlanta mischt Bs verqueres Versverständnis mit monströsen Hooks, die nicht zufällig an Future erinnern, den derzeit größten Rapper der Stadt. Einstiegsdroge? „Stoner“. Danach aber bitte die volle Dosis hinterher.
Wer dann noch Zeit hat, zieht sich BEAUTIFUL PIMP II, das neue Mixtape des Ausnahmetalents Rome Fortune, ebenfalls aus Atlanta. Das Cover sagt alles, die Beats von Kumpel CitoOnTheBeat (mit Live-Vibrafon vom Papa) und die unaufgeregten Hoodberichte sogar noch mehr. Die Jahrescharts können langsam kommen.
Diese Kolumne ist im 700. Musikexpress erschienen.