Boom Box


Die HipHop-Kolumne von Davide Bortot

„Too fucking busy“

Die größte Plage der Internet-Ära ist die permanente Verfügbarkeit von Durchschnittsrap. Große Ausnahme: Drake.

I got car money, fresh start money/ I want Saudi money, I want art money.“ Schön, wenn junge Menschen noch Ziele haben – zumal, wenn sie mit 23 Jahren schon alles erreicht haben. Drake war die Sensation der vergangenen beiden Rapjahre. Quasi aus dem Nichts heraus schuf der gebürtige Kanadier seinen ureigenen Stil, irgendwo zwischen den samtenen Schwärmereien von Sade und dem postpubertären Preppy-Pop von Kanye West. Dafür wurde er reich belohnt, unter anderem mit Platin, einem Grammy sowie reichlich Ringelpiez mit Anfassen und Rihanna. Eine Weile rappte er darüber (nicht weiter verwunderlich). Dann aber hielt er einfach die Schnauze (Weltsensation).

Es ist dies die größte Plage der Internet-Ära, nicht die ständige Erreichbarkeit, nicht der Pimmel-Spam: die permanente Verfügbarkeit von Vertriebswegen für Durchschnittsrap. Das klingt nach Gejammer von gestern, ist aber so. Die Kombination aus Momentum und Mediafire hat einem schon den Spaß an den Besten des Fachs verleidet, zuletzt Rick Ross und Sean Price. Drake dagegen hielt sich vornehm zurück. Anstatt gnadenlos seinen Hype zu melken, schloss er sich mit seinem Hofmusikanten Noah „40“ Shebib ein, um seinen einzigartigen Dreihundertfünfundsechzig-Tage-wach-Stil weiter zu perfektionieren. Nun sind die ersten beiden Stücke aus seinem neuen Album Take Care (Oktober wohl) im Netz aufgetaucht, und sie sind nicht weniger als brillant. So fordert Drake auf dem Intro „Dreams Money Can Buy“ nicht nur vorgenannte Ölmillionen ein, sondern streut auch Bonmots vom Schlage „too fucking busy/ too busy fucking“ ein und lässt im Refrain einen Engel die wundervollen Worte „Don’t fuck with me“ flöten. Neues? Gibt’s nicht, dafür aber das volle Drake-Paket aus hallverbeulten Engelsharmonien und schelmischen Minimelodien, die selbst die miesesten Thekensprüche im verführerischen Lichte Casanovas Großtaten erstrahlen lassen. Auf „Marvins Dream“ macht er dann konsequent auf verkatert und liebeskrank und erzählt ein bisschen von seinen Hobbys („naked pictures and sitting talking about bitches that we almost had“) – das Yin und Yang eines ewig schlafwandelnden Schwerenöters. Wer das nicht fühlt, hat ein Herz aus Stein. Alle anderen sollten dringend Drakes Freestyle auf dem Dubstep-Brett „Wildfire“ von SBTRKT und der Little-Dragon-Sängerin Yukimi Nagano runterladen. Der ist nämlich fast noch besser.