Billie Eilish live in Berlin: Mehr Lebendigkeit geht nicht
Billie Eilish spielte am Donnerstag (30. Juni) eine spektakuläre Show in der Mercedes-Benz-Arena. Dabei zeigte sich vor allem die Kraft ihrer Musik – und der Grund für ihren unglaublichen Starruhm.
Eine häufige These von Musikjournalist*innen ist, dass es den Starkult á la The Beatles, Elvis Presley, Madonna oder Michael Jackson in der heutigen Zeit nicht mehr geben würde. Social Media habe alles fluide, schnelllebiger werden lassen – der große Popstar mit der damit einhergehender Fan-Manie sei somit ein Phänomen aus der Vergangenheit. Wer am Donnerstag (30. Juni 2022) bei Billie Eilishs Livekonzert in der Mercedes-Benz-Arena dabei war, wird wahrscheinlich widersprechen. Die Lautstärke, mit der die 20-Jährige auf der Bühne empfangen wurde, glich einem Gewittersturm mit Windstärke 10. Und es fiel über die ganze Show nicht ab.
Superstar Billie Eilish
Billie Eilish ist einer der größten Superstars der aktuellen Zeit. Die amerikanische Sängerin hat innerhalb der vergangenen drei Jahre sieben Grammys und einen Oscar gewonnen, einen Bond-Song geschrieben und zwei Welttourneen hingelegt. „Dieses Konzert ist mein vorletztes dieser Welttournee“, sagte sie im zweiten Drittel ihrer Show zum Publikum. „Danach geht es für mich wieder nach Hause.“ Wie viel sie aus diesen vorerst letzten Shows noch rausziehen wollte, zeigte sich an diesem Abend mit unglaublicher Kraft. Wie ein Inferno reihte Billie Eilish Song an Song – Hits hat sie dafür ja genug. „Bury A Friend“ – eine der ersten Singles ihres Debütalbums WHEN WE ALL FALL ASLEEP, WHERE DO WE GO? aus dem Jahr 2019 – war der fulminante Opener, weiter ging es mit „NDA“, „Therefore I Am“ und „My Strange Addiction“. Teilweise verknüpfte die Sängerin sogar zwei Songs medleyhaft miteinander – ein weiteres Zeichen ihrer jetzt schon absurd hohen Hitdichte.
Wenn sich Eilish jedoch mal Zeit nahm, um mit dem Publikum zu interagieren, dann nur mit größter Empathie und Authentizität. Mehrfach forderte sie die Menge dazu auf, einmal tief durchzuatmen, ihre Sorgen nur für einen Moment zu vergessen – um sie dann beim folgenden Song „Oxytocin“ frenetisch springen zu lassen. Die Ballade „Your Power“ widmete sie angesichts des tagesaktuellen Geschehens dem Supreme Court in den USA, der in der vergangenen Woche die revolutionäre Grundsatzentscheidung zum Abtreibungsrecht rückgängig gemacht hatte. Und zum Ende ihrer Show bat sie die Security-Mitarbeitenden, den Menschen in den vordersten Reihen ein Wasser zu bringen – ein starkes Zeichen nicht nur wegen des Wetters, sondern nach dem tragischen Vorfall bei Travis Scotts „Astroworld“-Festival, bei dem zehn Menschen ums Leben kamen.
Der Höhepunkt des Konzerts waren jedoch die letzten beiden Songs der knapp 100 Minuten langen Show, die Eilish nach einer kurzen Abschiedsrede direkt hintereinander weg spielte: „bad guy“ und „Happier Than Ever“. Vor allem bei letzterem zeigte sich die Kraft, die Billie Eilishs Musik in sich trägt, am stärksten: Wie ein Blitz, der sich über dem Stadion entlädt, brüllten zehntausende Menschen ihrem Idol das spektakuläre Rock-Crescendo des Songs entgegen. Ein magischer Moment, der für viele unvergessen bleiben wird.