BEREIT, UM AUSZUBRECHEN


Justin Vernon hat mit Volcano Choir ein zweites Album aufgenommen. Für sein Erfolgsprojekt Bon Iver verheißt das nichts Gutes – lieber tobt er sich mit anderen Projekten aus. Der Rap hat’s ihm angetan.

Justin Vernon hat Urlaub. Eigentlich sollte der schwer beschäftigte Songwriter am Telefon über REPAVE, sein zweites Album mit dem Volcano Choir, sprechen. Er verschiebt, weil er ein paar Tage am Lake Tahoe mit seiner Familie entspannt. Widmen wir uns also zuerst der Band, dann ihm selbst. Die Musiker und Freunde, die heute Volcano Choir ausmachen, kennen sich seit rund zehn Jahren. Sie trafen sich bei Konzerten zwischen Milwaukee, Eau Claire und Fall Creek, Vernon spielte damals mit DeYarmond Edison und Megafaun, von seinem Soloprojekt Bon Iver war noch keine Rede. Anfangs schickten sie sich E-Mails mit Ideen hin und her, bis daraus 2009 ihr Debüt UNMAP entstand. Ein Album, mit dem sie nicht tourten, zu dem sie aber ein Jahr später sechs Konzerte in Japan spielten – ihre ersten gemeinsamen Shows überhaupt. Vernon selbst sagt: „Ich war schon damals nie länger in einer Band als bis zu diesem Zeitpunkt.

Die spontane, energische und ganz andere Liveumsetzung unserer Songs inspirierte uns auf der Stelle zu einem weiteren Album.“ Die ersten Songs seien unmittelbar nach diesen Konzerten noch am gleichen Abend geschrieben worden. REPAVE erzählt mit Rockinstrumentarium und elektronischen Hilfsmitteln lautmalerisch von großen spirituellen Fragen und kleinen persönlichen Erfahrungen, klingt nicht nach dem minimalen Songwriter-Folk, der Vernon als Bon Iver so berühmt machte, und hat doch Parallelen. Die Arbeit mit Volcano Choir dürfte spätestens das zweite Bon-Iver-Album beeinflusst haben, finden auch Chris Rosanau und Thomas Wincek, 2/6 von Volcano Choir. „Da waren mehr Rock-und andere ziemlich intensive Momente drauf“, sagen sie. Die Band nahm die Musik ohne ihn auf, er kam ins Studio und reagierte darauf, oftmals zum Erstaunen seiner selbst und seiner Freunde. So ging das Hin und Her -für Vernon eine neue Arbeitsweise, die im Zusammenspiel mit der Bandchemie für ihn einzigartig war und ist und die er bisher nur von seinen HipHop-Kooperationen kannte. Jetzt, da Bon Iver für unbestimmte Zeit auf Eis liegt, hat er gar Muße und Mut für ein eigenes Rap-Album? „Ha, in der Highschool war ich schon in Rap-Bands“, antwortet Vernon. „Ich arbeite konstant immer wieder an Rap-Musik, mache HipHop seit nun über 15 Jahren. Natürlich nie so gekonnt wie Kanye, aber ich verstehe seine Musik sehr gut.“ Auch jetzt arbeitet er weiter an neuen Projekten mit ein paar Leuten, nichts Spruchreifes – außer einem Album mit einem Kerl namens Aero Flynn. Und was bedeutet diese Umtriebigkeit für Bon Iver? Vernon hat dafür grad keinerlei Pläne. Was er sagen kann: „Ein drittes Album mit dem Volcano Choir halte ich momentan für wahrscheinlicher als ein drittes Album von Bon Iver!“

Albumkritik ME 10/2013