Ben Kweller


Mit Ben Kweller zu telefonieren, macht Spaß – und kommt mit einem Zusatzfeature: Jeden der Songs, über die er spricht, singt er an.

Meine erste musikalische Erinnerung …

The Beatles – Magical Mystery Tour

Ich wuchs in einem Haushalt auf, in dem einfach immer Musik lief. Mein Vater war Arzt, vor Kurzem ging er in Rente. Aber er spielte, als er jung war, selbst in Beat-Bands. Er hatte einmal sogar einen Fernsehauftritt bei einem lokalen Sender, leider sind die Bänder verloren gegangen – wir warten seit Jahren darauf, dass irgendjemand das mal bei YouTube hochlädt! Auf jeden Fall war unser Haus voller Schallplatten, und das meiste davon stammte aus den 60er-Jahren. Vor allem die Bands der British Invasion liefen viel. Die Beatles sind wohl die erste Gruppe, die ich selbst auf den Plattenteller legte. Ich habe noch ganz genau das Bild vor Augen, wie ich mit sechs oder sieben Jahren vor unserer Stereoanlage im Wohnzimmer stehe und sich da die Magical Mystery Tour dreht.

Zur Indie-Musik brachte mich …

Nirvana – Nevermind

Ich war zwölf oder 13 und hatte meinen ersten Job. Eigentlich war es sogar der einzige Job, den ich jemals hatte. Auf jeden Fall arbeitete ich in einer Rollschuh-Bahn. Du weißt schon, der Ort, wo die Teenager herumhängen. Wo man das erste Mal knutscht und so. Eigentlich lief da ziemlicher Unsinn, aber eines Tages kam ein Song aus den Boxen und haute mich sofort um. Dieses Drumming, diese Gitarren! Ich war von einer auf die andere Sekunde Fan und glaube, dass diese Platte für meine Laufbahn sehr wichtig war. Viele meiner Freunde lehnen sie ab; sagen, damit seien Nirvana „zu groß“ geworden. Aber ich glaube, Bands sollen groß werden. Wie hätte ich als Teenager in einem Kaff in Texas sonst je von dieser großartigen Musik erfahren können?

Meine Frau zeigte mir …

Bob Dylan – Another Side of Bob Dylan

Zu Hause bei uns lief Bob Dylan nicht. Mein Vater interessierte sich nicht für dieses Songwriter-Ding. Als ich mit 18 meine Frau kennenlernte, führte sie mich also in ein völlig unbekanntes Gebiet ein. Wobei ich gestehen muss, dass ich eigentlich nur die ersten Bob-Dylan-Platten höre. Die aus den 60er-Jahren, die vor seinem Motorradunfall erschienen. Die Alben, die danach kamen, hörte ich an, aber ich kann nicht viel mit ihnen anfangen. Ich bin übrigens mit seinem Sohn Jakob befreundet. Ihn selber muss ich nicht kennenlernen, glaube ich. Er soll nicht besonders freundlich sein.

Der beste Song eines anderen Bens …

Ben Lee – Hard Drive

Ben Lee ist ein feiner Kerl und hat ein unfassbar gutes Händchen für Melodien. (greift zur Gitarre und spielt den Song an) Diese Nummer schrieb er für die Soloplatte von Evan Dando, der immer ein großes Idol von ihm war. Momentan ist Ben Lee auf einem ganz spannenden Trip. So eine Esoterik-Sache, ein bisschen George-Harrison-mäßig. Er experimentiert viel mit Halluzinogenen, aber nur aus spirituellem Interesse. Und auch die Musik, die er macht, ist ziemlich weit draußen. Mit Pop hat das nichts zu tun, aber sie klingt sehr interessant.

Meine Kinder hören gerade …

Kiss – Rock And Roll All Nite

Judah ist zweieinhalb, Dorian sechs. Beide haben sie einen ziemlichen Metal-Schlag. Als ich Dorian heute für die Schule fertig machte, bestand er darauf, eine schwarze Lederjacke zu tragen. Auch sonst zieht er in letzter Zeit nur schwarze Sachen an. Er steht momentan total auf Megadeth und Metallica. Judah hört gerade am liebsten „Rock And Roll All Nite“ von Kiss. Halloween ging er folgerichtigerweise als Paul Stanley, was wirklich krass aussah. Und er mag „Sweet Child Of Mine“ von Guns N‘ Roses. Das kann er aber noch nicht aussprechen, weshalb er immer nur „Jetzt Slash!“ brüllt. Aber natürlich steht auch Popmusik hoch im Kurs, Sachen wie Flo Rida oder Katy Perry. Finde ich gar nicht uninteressant, weil das meistens recht gut produziert ist. Was glücklicherweise komplett an uns vorbeizog, war Justin Bieber.

Zwölf Jahre alt war Ben Kweller, als er die Band Radish gründete, vier Jahre später unterschrieben die Alternative-Rocker bei einem Major. Vielleicht liegt es daran, dass der Songwriter aus Texas, dessen größter Hit „Wasted And Ready“ 2002 erschien, heute die Kontrolle über seine Musik lieber behält: Sein fünftes Soloalbum Go Fly A Kite veröffentlichte er auf dem eigenen Label Noise Co. Sein größter Traum: dort eine Anthologie seines Idols Nils Lofgren herauszubringen.